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Eine Wohlstandskrankheit

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Die Zahl der Diabetiker in Österreich wird auf 260.000 geschätzt und steigt weltweit an. Eine gleiche Anzahl an Personen dürfte - laut Aussage von Karl Irsig-ler, Vorstand der Dritten Medizinischen Abteilung im Krankenhaus Wien-Lainz - an Diabetes mellitus Typ-2 leiden, ohne es zu wissen.

Diese häufige Stoffwechselerkrankung beginnt im mittleren Lebensalter, entwickelt sich schleichend und verursacht lange Zeit keine ernsten Komplikationen. Meistens erfährt man die Diagnose im Krankenhaus, wenn es bereits zu ernsten Folgeerkrankungen der Gefäße gekommen ist, wie zum Beispiel beim Herzinfarkt oder Schlaganfall. Der erschreckend hohen Zahl von Seh-verschlechterungen bis zur Erblindung oder Nierenversagen ohne Hoffnung auf einen Dialyseplatz könnte durch Früherkennung des Blutzuckers und rechtzeitige Gegenmaßnahmen entgegengewirkt werden. Es ist falsch, seinen Blutzuckerwert nicht zu kennen oder gar zu ignorieren. Schon eine vernünftige Ernährung bewirkt viel und der Wille, so lange wie möglich sein Normalgewicht zu halten, muß gefordert werden, die Bewegungsarmut sollte bekämpft und die eigene Körperpflege nicht vernachlässigt werden (nur allzu gerne werden die Füße bei der täglichen Pflege vergessen). Diese simplen Primärpräventionen nützen viel, um die Blutzuckerwerte zu stabilisieren. Ist aber ein Glukosetoleranzwert überschritten oder liegt ein manifester Diabetes mellitus vor, bedarf es nicht nur einer gezielten Insulinersatztherapie. Der Patient muß vielmehr mit seiner Krankheit umgehen lernen und sollte sich vom Arzt oder Fachpersonal schulen lassen, damit er täglich seinen Blutzuckerwert unter Kontrolle hält und sein Medikament dosieren kann.

Im Laufe der Jahre konnten an Kliniken, gemeinsam mit der Österreichischen Diabetesgesellschaft, mit Selbsthilfegruppen, Privatorganisationen und nicht zuletzt mit großzügiger Unterstützung der Pharmaindustrie ein Diabetesschulungsnetz aufgebaut werden. Ausbildungskurse für Arzte wurden von den Ärztekammern organisiert. Um aber ein flächendeckendes Schulungsnetz in Österreich zu garantieren, wird auch die Einbindung der praktischen Ärzte gefordert. Ein entsprechendes Konzept wird derzeit von Gertrud Kacerovsky-Bielesz, Erste Medizinische Abteilung im Hanusch-Krankenhaus, Wien, und zugleich Leiterin der „Arbeitsgemeinschaft Schulungszentren in Österreich", gemeinsam mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und den einzelnen Krankenkassen erarbeitet. Zur Zeit werden die Kosten für die Diabetikerschulungen von den Spitalserhaltern und durch Privatinitiativen aufgebracht, aber wie lange können sie das noch?

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