Einmal sieben Jahre und mehr Rechte für den Bundespräsidenten

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Österreich und seine Parteien brauchen ein Staatsoberhaupt mit starker Kontrollfunktion. Im FURCHE-Interview unterbreitet Manfried Welan seine Vorschläge für eine Reform.

Das österreichische Staatsoberhaupt: „Aufwertung oder Abwertung?“ lautet der Titel eines Standardwerkes des Wiener Juristen und Politikwissenschafters Manfried Welan. Der emeritierte Professor der Unversität für Bodenkultur und früher aktive Kommunalpolitiker in Wien hat die umfangsreichste Literatur zum Thema Bundespräsident verfasst. Deswegen hat er sich in jüngster Zeit dazu nicht mehr geäußert. Für die FURCHE machte Welan, auch vielfacher Autor dieser Zeitung, eine Ausnahme.

Die Furche: Persönlichkeiten füllen das Amt des Bundespräsidenten unterschiedlich aus, äußere Umstände haben sich geändert. Welches Rollenverständnis gilt?

Manfried Welan: Die Globalisierung verstärkt die Zusammengehörigkeit dieser Welt und brachte für Österreich eine notwendige Offenheit. Weltoffenheit gehört zu denWerten, die man vertreten muss. Von der zweiten großenVeränderung, dem EU-Beitritt, ist der Bundespräsident bei uns ausgeschlossen worden. Er vertritt die Republik nach Außen, auch gegenüber der Europäischen Union.

Die Furche: Gerade der EU-Beitritt entblößte Konflikte zwischen Bundespräsident und Kanzler.

Welan: Es gibt in der EU keinen Staat, außer Monarchien, ohne Konflikte zwischen Präsident und Kanzler. An der Spitze des Staates wurde die Gewaltenteilung auf die Spitze getrieben. Heute gehört es zum Rollenverständnis des Bundespräsidenten, das Amt nicht in allen Möglichkeiten auszukosten. Der EU-Beitritt hat den Kanzler gestärkt, nicht den Präsidenten.

Die Furche: Der kommt im Regelwerk gar nicht vor ...

Welan: Er kommt nicht vor, er hat nur das Recht, dass ihm die Regierung die Leute nennt, die sie für ihn und in die EU bestellt. Die letzte Instanz in der Beamtenbestellung ist er nur mehr innerstaatlich. In die EU kommen die Leute der Regierung. Es hat Thomas Klestil sehr gekränkt, dass man ihm gar nichts lässt.

Die Furche: Strittig ist, ob er die Regierung und die Beschlüsse des Parlaments kontrollieren soll.

Welan: Da die Parteien trotz des politischen Erosionsprozesses relativ stark sind, braucht man jedenfalls eine Kontrolle. Das ist auch bei der jetzigen Regierung notwendig. Die große Kontrollfunktion des Parlaments besteht ja nicht, einfach, weil sich die Verhältnisse zwischen Regierung und Parlament geändert haben. Die Regierung hat auf allen Gebieten das Übergewicht: Sie hat die Information, die Verwaltung, die Ausstattung, das mediale Interesse. Der Bundespräsident hat eine Kontrollfunktion, und zwar als direkt demokratisch legitimierte Instanz, wie das Parlament.

Die Furche: ... dann müsste der Bundespräsident aber mehr Kompetenzen erhalten.

Welan: Es wäre nicht notwendig, große Änderungen durchzuführen. Ich würde dem Bundespräsidenten – bei Schwächung des Bundeskanzlers – ein Entlassungsrecht der Bundesminister ermöglichen. Jetzt kann er nur entlassen, wenn dies der Kanzler vorschlägt. Ein Rücktritt ist selten. Es fehlt ein Druckmittel. Das einzige, welches der Präsident derzeit hat, ist, den Kanzler oder die ganze Regierung zu entlassen. Dazu: Aus Konvention bietet der Kanzler dem neu gewählten Bundespräsidenten den Rücktritt der Regierung an. Wenn sie der Bundespräsident, wie üblich, auch diesmal wieder betraut, sollte er sagen: Ja, aber mit den Aufgaben, die ich euch ans Herz lege, etwa einer Staatsreform. Das wäre eine Chance für den Bundespräsidenten, etwas aus der Reserve herauszutreten.

Die Furche: Warum schwieg der Konvent zur Staatsreform zum Thema Bundespräsident?

Welan: Es ist so, dass man nicht wirklich etwas ändern will. Der Mut zu Veränderung war im Konvent bei den obersten Organen gering. Radikale Veränderungen lägen in dem Vorschlag von Heinz Fischer hinsichtlich einer Amtsperiode von acht Jahren, wobei schon Friedhelm Frischenschlager vor längerer Zeit eine von sieben Jahren in die Debatte eingebracht hat.

Die Furche: Ließen sich damit die stets bei einer Wiederwahl diskutierten Probleme vermeiden?

Welan: Ja, und ich glaube, sieben Jahre wären eine richtige Zeitspanne für eine einmalige Amtsperiode. Es könnten sich zudem mehr aussichtsreiche Kandidaten einbringen, die zuletzt unterlagen. So ein System brächte mehr Möglichkeiten und Lebendigkeit.

Die Furche: Es gab schon Vorschläge, das Amt abzuschaffen, dem die Hofburg ohnedies zu groß ist.

Welan: Das Amt hat Noblesse und es hat auch eine zeitliche Dimension, denn es verkörpert den Staat, der niemals stirbt. Ohne Hofburg fehlt dieses Flair, das dazugehört. Würde das Amt abgeschafft werden, wird damit nicht die Frage beantwortet, wie die Einheit, die Gesamheit, das Gemeinwohl dargestellt werden. Der Bundespräsident ist das einzig direkt gewählte Exekutivorgan, das die Volksverbundenheit ausüben kann und soll. Natürlich gibt es, wie erörtert, viele Möglichkeiten der Demütigung des Präsidenten durch den Kanzler. Der Bundespräsident ist ungeheuer einsam. Aber Fischer ist sehr gut informiert und vernetzt. Manche, wie Klestil und jetzt Horst Köhler in Berlin, haben in der zweiten Amtsperiode wegen ihrer Machtlosigkeit die Contenance verloren. Das wird Heinz Fischer nicht passieren. Die Rolle der First Lady wurde durch seine Frau Margit fest umschrieben. Das ist wichtig. Sie wird alles mittragen und sie unternimmt sehr viel.

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