Kinder - © Foto: iStock/tatyana_tomsickova

Elke Larcher: „Sommerloch-Effekt blockiert Lernfortschritt"

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Ferien nicht verkürzen, sondern begleiten, fordert die Bildungsexpertin Elke Larcher. Über notwendige Auszeiten und nachhaltige Eindrücke.

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Ferien nicht verkürzen, sondern begleiten, fordert die Bildungsexpertin Elke Larcher. Über notwendige Auszeiten und nachhaltige Eindrücke.

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Gerecht wäre es, wenn jedes Kind einen erlebnisreichen Sommer vor sich hätte, sagt Elke Larcher von der Arbeiterkammer Wien. Daher könne die Debatte über die Länge der Ferien nicht ohne deren soziale Dimension geführt werden. Warum östereichweite und kostengünstige Ferienlager einen gesellschaftspolitischen Fortschritt darstellen würden.

DIE FURCHE: Neun Wochen Ferien stehen vor der Tür. Diese zwei Monate schulfreie Zeit hält so mancher für zu lang. Wie kam das eigentlich zustande?
Elke Larcher:
Wie das Schuljahr und auch der Schultag in Österreich rhythmisiert sind, hat stark mit der Entwicklung von Schule in Österreich zu tun. So wurde die Schulpflicht bereits 1774 unter Maria Theresia eingeführt. Damals galt es bei der Gestaltung des Schuljahres die Interessen von Landwirtschaft, Kirche und später dem Tourismus zu berücksichtigen. Daher gibt es z. B. diese neun Wochen im Sommer – die Kinder von Bauern mussten bei der Ernte mithelfen. Das ist natürlich überholt, weil die wenigsten Schulkinder heute noch Eltern haben, die eine Landwirtschaft betreiben. Ganz abgesehen davon, dass Kinderarbeit untersagt ist.

DIE FURCHE: Warum hält man dennoch an neun Wochen Ferien fest? Gab es jemals eine Reformdebatte?
Larcher:
Es gab nicht einmal Nuancen in diese Richtung. Es gab kleine Veränderungen, etwa die Einführung der Herbstferien. Doch große Debatten gab es kaum.

DIE FURCHE: Woran liegt das?
Larcher:
Dass in Österreich nicht grundsätzlich diskutiert wird, was die Notwendigkeiten von Schule sind. Aus Sicht der Eltern, der Kinder- und Jugendlichen, der Gesellschaft, des Arbeitsmarktes. Stattdessen werden immer nur Krücken gebaut, anstatt sich gewisse Schlüsselfragen zu stellen. Etwa: Wie soll ein Schuljahr angesichts des Lernverhaltens von Kindern strukturiert sein? Wie gilt es, ein Schuljahr zu strukturieren, damit die Eltern in keine Betreuungsengpässe geraten?

DIE FURCHE: Wer oder was ist diesbezüglich der Hemmschuh?
Larcher:
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Einerseits haben sich wohl viele irgendwie arrangiert. Andererseits bin ich mir nicht sicher, ob es überhaupt sinnvoll wäre, an der Feriendauer insgesamt zu rütteln. Es würde enorme organisatorische Herausforderungen bringen, da sich die Urlaubszeiten in allen Betrieben auf einen kürzeren Zeitraum ballen würden und auch in den Schulen wäre die Herausforderung groß, z. B. um ausreichend kühle Klassenräume zu haben.

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