Engere Kooperationen im Kinderschutz

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Zwar gibt es in Österreich immer noch kein neues Jugendwohlfahrtsgesetz - Experten wie etwa der Wiener Kinderarzt Wolfgang Novak sehen aber zumindest einige Initiativen, um alle Beteiligten im Kinderschutz besser zu vernetzen.

Ein solches Projekt ist etwa "Medpol", Bestandteil der Initiative "Bündnis gegen Gewalt" des Innenministeriums. Bei "Medpol" geht es um eine bessere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Medizinern im Bereich Gewalt. Der Polizei gehe es vor allem um das richtige Erkennen und Dokumentieren von Verletzungen, die auf Fremdverschulden hindeuten, erklärt die Leiterin des Projektes Martina Stöffelbauer vom Bundeskriminalamt. Nur so könne gutes Beweismaterial gesammelt werden, um vor Gericht den Täter zur Rechenschaft ziehen zu können. Oftmals würden bei Opfern von Gewalt im Zuge der Behandlung wichtige Spuren verwischt. Dies geschieht laut Stöffelbauer aus Scham, Unwissenheit und Unsicherheit der Opfer, aber auch der behandelnden Ärzte und Pflegekräfte in Spitälern.

Im Zuge des Projektes wird auch ein Kindergewaltschutzregister angedacht. Eltern würden Kinder nach Misshandlungen oftmals in verschiedenen Krankenhäusern behandeln lassen, um den Verdacht eines Gewaltverbrechens zu zerstreuen, so Stöffelbauer. Würde aber eine Klinik Verdacht schöpfen und diesen in einem vernetzten Register vermerken, könnten Ärzte in einem weiteren Spital anders handeln, wenn sie dieses Kind erneut mit Verletzungen behandeln, die durch Fremdverschulden entstanden sein könnten.

Heikle Frage: Kinderschutzregister

So ein Register ist aber sehr umstritten: Es gibt Bedenken aufgrund des Datenschutzes. Jörg Pruckner, als Sektionsobmann der Allgemeinmediziner Verantwortlicher für das Projekt "Medpol" von Seiten der Ärztekammer, könnte sich so eine Datenbank nur vorstellen, wenn sie ausschließlich von begutachtenden Ärzten eingesehen werden kann. Er befürchtet sonst Missbrauch. Übereilte Anzeigen könnten oft viel Unheil anrichten, das nur schwer wieder zurechtgebogen werden könne, so Pruckner. Er plädiert bei Verdacht auf Kindesmisshandlung auf eine Doppelbegutachtung. Zwei Fachleute sollten sich den Fall anschauen.

Er weist auch darauf hin, dass die psychologische Betreuung betroffener Kinder und deren Familien weit wichtiger sei als schnelle Anzeigen und Behördenmeldungen, die freilich oftmals sein müssten. Er spricht damit auch den Kampf in der Sozialarbeit um ein neues Rollenverständnis an, der im Interview geäußert wird (siehe rechts).

Ein weiteres Mosaiksteinchen im Kinderschutz könnte auch eine psychosoziale Untersuchung im Mutter-Kind-Pass sein. Diese werde von der Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde schon lange überlegt, erklärt Reinhold Kerbl vom Krankenhaus Leoben (siehe oben). Es gebe bisher noch keinen ausgereiften Plan für die Umsetzung, bedauert er. (bog)

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