Holzbau-Pionier Erwin Thoma - © Foto: Juliane Fischer

Erwin Thoma: "Bäume sind intelligent"

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Der Forst- und Betriebswirt, Autor und „Green Building“-Pionier Erwin Thoma über nachhaltiges Bauen, Bodenversiegelung und den allgemeinen Verlust von Bodenhaftung.

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Der Forst- und Betriebswirt, Autor und „Green Building“-Pionier Erwin Thoma über nachhaltiges Bauen, Bodenversiegelung und den allgemeinen Verlust von Bodenhaftung.

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Erwin Thoma vergleicht gerne Unternehmertum mit seinem Wissen über Bäume. Wie er das genau meint, hat der gelernte Förster, Nebenerwerbsbiobauer und Autor in seinem jüngsten Buch „Strategien der Natur“ (Benevento) erklärt. Ein Gespräch im Rahmen eines Waldspaziergangs.

Die Furche: Herr Thoma, Sie schreiben, die Gesellschaft habe die sprichwörtliche Bodenhaftung verloren. Gleichzeitig gibt es mit Trends wie dem „Waldbaden“ eine Rückbesinnung.
Erwin Thoma: Diese Sehnsucht nach bildschirmloser Zeit hat gute Gründe. Es geht nicht darum, dass wir den modernen Fortschritt pauschal verteufeln. Genauso wenig soll man Naturverbundenheit als naive Verklärung darstellen. Dass wir immer weniger auf die Natur hören, ist aus meiner Sicht aber der Grund für viele aktuelle Probleme.

Die Furche: Inwiefern?
Thoma: Meine Großväter waren Handwerker. Streben und Stolz des Zimmermanns haben darin bestanden, dass der Kunde zufrieden war und das Werk gelungen ist. Heute haben wir alles monetarisiert. Die großen Wirtschaftslenker haben meist nur ein Ziel, nämlich den nächs­ten Quartalsabschluss und den Shareholder Value. Dieser Kulturwechsel ist die eigentliche Katastrophe. Bäume hingegen sind intelligent und wissen: Man kann die Herausforderungen des Lebens – ob Trockenheit, Stürme oder Abwehr von Insekten – nur gemeinsam bewältigen, allein hat man keine Chance.

Die Furche: Kooperieren wir zu wenig?
Thoma: Nach meinem ersten Firmenerfolg hat mir eine Beratungsagentur Folgendes ans Herz gelegt: Mit dem Alleinstellungsmerkmal musst du Märkte erobern, Konkurrenz zerstören, Macht kumulieren und neue Regeln gestalten. Das ist die aktuelle Wirtschaftslogik. In meiner Jugend gab es das nicht, dass nationale Konzerne reihenweise die Souveränität von Staaten hinterfragen und durch Lobbyismus hinter verschlossenen Türen die Spielregeln bestimmen. Und wir haben vergessen, dass Geld nur ein Werkzeug ist. Es hat die gleiche Bedeutung wie der Hobel für meinen Opa als Zimmerer. Wie er nachgeprüft hat, dass der Hobel scharf ist, schaue ich als Unternehmer, dass meine Bilanz positiv ist. Sonst kann ich keine Löhne zahlen, nicht in Forschung und Entwicklung investieren. Aber es wäre nie ein Zimmerer auf die Idee gekommen, 1000 Hobel zu besitzen, um besser als der Nachbar zu sein.

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