Es geht nicht um Methoden

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Hände weg vom menschlichen Leben! Das ist der Appell, der heute an alle, die Abtreibung, Euthanasie oder Todesstrafe befürworten (durchaus unterschiedliche Leute mit unterschiedlichen Motiven), zu richten ist. Der Streit um Methoden, wie jetzt um das neue Präparat Mifegyne, ist völlig sekundär.

Die heftige Debatte über Mifegyne beweist, daß in Sachen Abtreibung eine tiefe gesellschaftliche Wunde klafft. Ein Konsens war und ist unmöglich. Die 1975 eingeführte "Fristenlösung" (Straffreiheit für den ansonsten als Straftat angesehenen Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Bedingungen und innerhalb von drei Monaten) ist im echten Wortsinn kein "modus vivendi", denn das darin enthaltene Wort "vivere" bedeutet ja "leben", und genau das wird getötet.

Über die gesamte Problematik kann und wird noch ungeheuer viel geschrieben werden. Eines steht fest: Wer die "Fristenlösung" bejaht, wird Mifegyne begrüßen. Wer Abtreibung strikt ablehnt, wird natürlich auch jedes dafür eingesetzte Mittel bekämpfen. Es kann aber nie nur um eine Methode gehen (einem Gegner der Todesstrafe wird es auch kaum auf die Art der Hinrichtung ankommen), sondern um das grundsätzliche Problem: Wie ist zu erreichen, daß weniger oder möglichst gar nicht abgetrieben wird?

Und hier sollte man nicht einer - im übrigen politisch völlig irrealen - Rückkehr zur Bestrafung der Frauen das Wort reden, sondern klar und deutlich sagen, daß es Dinge gibt, die auch ohne Strafandrohung zutiefst unmoralisch sind, und endlich längst versprochene "flankierende Maßnahmen" setzen, um Frauen den Schritt zum Kind zu erleichtern und reine Geschäftemacherei mit Abtreibungen zu verhindern. Gerade jene politischen Gruppen, welche die "Fristenlösung" befürworten, hätten die Pflicht, hier aktiv zu werden.

Wenn man freilich in "Zur Sache" von sozialdemokratischer Seite hört, daß die Töpfe des Sozialstaates vornehmlich denen zur Verfügung stehen sollen, die auch etwas hineingezahlt haben, aber nicht denen, die - wie manche junge Mütter - dringend Unterstützung brauchen würden, um mit ihrem Kind über die Runden zu kommen, dann fragt man sich: In was für einem Sozialstaat leben wir eigentlich nach 29 Jahren SPÖ-Dominanz?

Daß die Diskussion weitergehen wird und muß, sollte unbestritten sein. Grundsatzfragen, die mit Leben und Tod zusammenhängen, können, solange sie nicht lebensbejahend beantwortet wurden, nie und nimmer auf Dauer unter den Tisch gekehrt werden.

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