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Über den Start von "Hickman auf Salzburgerisch" - den Versuch, in Österreich ethisch korrekt zu leben - hat die furche Mitte März geschrieben. Jetzt liefern Karoline Zenz und Martin Dürnberger einen Zwischenbericht, wie es der Gruppe bei Ernährungsfragen geht.

Inspiriert durch das Experiment des Londoner Journalisten Leo Hickman, ein Jahr lang ethisch korrekt zu leben, versuchen wir, eine Gruppe von 14 Salzburgern und Salzburgerinnen, ein ethisch sensibles Leben auf österreichische Verhältnisse umzulegen. Seit März betrachten wir unseren Umgang in den Bereichen: Ernährung, Chemikalien, Kosmetik, Reisen, Leben mit Kindern, Müll sowie Information und Medien sechs Monate lang aus einer ethischen Perspektive heraus. Die gewonnenen Erfahrungen werden gesammelt, reflektiert und in praktisch verwertbarer Form an Mann und Frau gebracht.

Nur in der Theorie einfach

Ethisch sensibel zu leben ist im Grunde genommen wie Fußball - also in der Theorie recht simpel: Hier wie da hat man es mit Einzelakteuren und Kollektiven, lang- und kurzfristigen Zielen, Strategien und Plänen, Erwartungen und Erwartungshaltungen, bewussten Entscheidungen und Bauch(weh)entscheidungen zu tun. In beiden Fällen sind Taktik und (Kabinen-)Predigt wichtig - aber nicht immer spielentscheidend. Die Wahrheit liegt auf dem Platz: Es ist nicht allein das sterile Labor ethischer Reflexion, sondern auch der staubige Alltag täglichen Handelns, in dem moralische Erkenntnis stattfindet; hier werden Spiele gewonnen - und verloren.

Am Platz, also vorm Verkaufsregal, stellen sich andere Fragen, gerade in einem Kernbereich wie bei der Ernährung: Bio, Fair-trade, regional, saisonal, oder aufgrund der unüberschaubaren (Fehl-)Informationsflut doch egal? Natürlich, ein Kilo Weintrauben aus Südafrika, dessen Transport nach Österreich sieben Kilogramm CO2 erzeugt, ist definitiv ein "no-go" - aber warum nicht auch Kaffee oder Tee, die ähnliche Transportwege zurücklegen? Wie schwer wiegt hier der Umstand, dass Kaffee grundsätzlich und Weintrauben nur saisonal nicht in unseren Breiten produziert werden? Oder inwiefern ist von Bedeutung, dass Kaffee oder Tee mit dem Schiff verfrachtet werden, somit der Emissionsgehalt niedriger ist, als bei mit Flugzeug transportierten, schnell verderblichen Nahrungsmittel?

Wie sieht es jedoch mit Fair-trade Weintrauben aus biologischem Anbau in Südafrika aus? Wirkt das Argument überzeugender, dass bei der Beförderung die Umwelt belastet wird, als dass ein Bauer in Südafrika zu einem gerechten Lohn arbeiten kann?

Gutes Gewissen ist teuer

Wie Leo Hickman machen auch wir die Erfahrung, dass gutes Gewissen teuer ist: Bio- und Fair-trade Produkte sind im Schnitt empfindlich kostspieliger als konventionell hergestellte Lebensmittel. Das führt zur Frage: Wie viel ist es uns wert, mit gutem Gewissen qualitativ hochwertiges Essen zu konsumieren? Weiters beschäftigt die Frage, ob ethisch sensibles Konsumieren ein Privileg finanzkräftiger Menschen ist?

Freilich, auch das ist eine Einsicht aus den ersten Monaten: Selbst wenn man häufig versucht ist, einen früheren österreichischen Bundeskanzler zu zitieren, dass ja alles so kompliziert sei (um dann in selige Lethargie zu verfallen) - letztlich hat es sich als sinnvoll erwiesen, in kleinen, überblickbaren Bereichen Infos zu besorgen, danach zu handeln und nach einiger Zeit gegebenenfalls nochmals nachzubessern.

Ein Beispiel: der freitägliche Fisch in der Fastenzeit: Die klassischen Fischstäbchen kommen nicht in Frage - das zeigt auch ein Blick auf die ausgezeichnete Datenbank auf www.marktcheck.at, die Produkte nach ökologischen, tierrechtlichen und sozialen Faktoren aufschlüsselt.

Die nahe liegende Konsequenz ist eine Fahrradfahrt zum Händler mit Fischen aus der Region; wir entscheiden uns für eine Regenbogenforelle, ein kulinarischer Genuss, aber ein Mehraufwand an Zeit, der eingeplant sein will. In weiteren Recherchen stellt sich heraus, dass Regenbogenforellen nicht unproblematisch sind: Konventionelle Aufzuchten verwenden Tiermehl, das aus Industriefischerei stammt, während der Getreideanteil in Öko-Aquakulturen die Abwasserbelastung steigert. Eine Alternative, die Greenpeace als unbedenklich einstuft, ist der Karpfen.

Training in kleinen Einheiten

So oder so ähnlich versuchen wir derzeit auch andere Essensgewohnheiten zu prüfen, zu diskutieren und zu ändern - kleine Schritte in kleinen Bereichen.

Ob damit ein Spiel zu gewinnen ist, muss natürlich als unsichere Sache gelten - aber eine Alternative zum täglichen Training in kleinen Einheiten haben bislang nicht einmal die Fußball-Stars beim FC Barcelona oder Manchester United entwickelt.

Weitere Info:

www.unicummensch.org

Die Gruppe ist über jedes Feedback dankbar, per Mail unter:

jakob.reichenberger@sbg.ac.at

Die furche wird weiterhin über "Hickman auf Salzburgerisch" berichten.

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