Ethik auf österreichisch

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Spätestens seit dem 11. September drohte die einst so hitzige deutsche Bioethik-Debatte im Terrorkrieg-Geraune zu versinken. Doch ein Gerücht scheint die Deutschen aus dieser Flaute zu erlösen: Laut einem Bericht der "Zeit" habe der von Gerhard Schröder eingesetzte Nationale Ethikrat hinter verschlossenen Türen den Import embryonaler Stammzellen bereits jetzt - lange vor dem anvisierten Dezember - goutiert. Nun gelte es, eine Demü-tigung kritischer Mitglieder durch "richtig formulierten Dissens" zu vermeiden, verrät ein Ratsmitglied.

Vor solchen "Meinungsfindungsprozessen" kann man sich hierzulande schon fürchten: Nicht nur Schröders Ethikrat, sondern auch sein österreichisches Pendant, die Bio-ethik-Kommission von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, sahen sich dem Vorwurf ausgesetzt, forschungsfreundlich beschickt worden zu sein. In Deutschland hat man auf diese Kritik reagiert: Mittlerweile sitzt eine Behindertenvertreterin im 25-köpfigen Weisenrat. Ob sie Gehör findet, steht jedoch auf einem anderen Blatt.

In Österreich haben die Vertreter von Behindertenverbänden vergeblich auf Einladungen gewartet - und dieser Tage kurzerhand die alternative "Ethikkommission für die österreichische Bundesregierung" gegründet. Ein Schritt, der zusammen mit der "evangelischen Denkschrift zu Fragen der Biomedizin" die heimische Bioethikdebatte wiederbelebt.

Vor allem eines stört die Behindertenvertreter: Artikel 17 der Bio-ethik-Konvention des Europarates, deren Ratifizierung Wolfgang Schüssel seinem Beratergremium ans Herz gelegt hat. Demnach sei Forschung an einwilligungsunfähigen Personen, etwa geistig Behinderten, in Ausnahmefällen erlaubt. Auch der Vorsitzende der Bioethikkommission, Johannes Huber, bekundete vergangene Woche nach der ersten Arbeitssitzung seine Kritik an diesem Artikel - sowie seinen Wunsch, Behindertenvertreter zur nächstenSitzung einzuladen. Das Wohlwollen Hubers ist ehrenhaft. Ob dies jedoch reicht, das schiefe Bild eines einseitigen Gremiums zu Recht zu rücken, ist fraglich.

Man müsse sich der "Mühe der Kontroverse" unterziehen, meinte der Bundeskanzler noch im Mai. Doch dazu gehört, nicht nur Experten, sondern auch Betroffenen eine Stimme zu verleihen.

E-Mail: helmberger@furche.at

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