Faires Wachstum kennt keine Grenzen

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Jede Idee braucht ihren Ort.

Lerchenfelderstraße im 8. Wiener Gemeindebezirk. Die Auslage des Geschäftes fällt selbst beim flüchtigen Vorübereilen auf: intensive Farben, vor allem das große, safrangelbe Tuch in der Mittet, lassen südliches Flair erahnen.

Farbenpracht, originell und stilvoll arrangiert mit bunt bemalten Glasperlen aus Ghana, traditionell gefertigter Keramik aus Peru, Trommeln, Masken aus Kamerun und Kenia, geflochtenen Körben und mit Büchern. Bildbände mit Hochglanzumschlägen, die ebenso farblich dazupassen: "Die Farben Afrikas" oder "Vom Klang der Welt", das vom Echo der Vorfahren bis zu den Musikinstrumenten der Neuzeit handelt.

In der Lerchenfelderstraße befindet sich einer der über 70 Weltläden in Österreich. Besser bekannt sind sie wohl unter "Dritte-Welt-Läden". Aber "Dritte Welt" und "Erste Welt" beinhaltet eine Abwertung beziehungsweise Aufwertung, eine Aufteilung der Welt. Das Grundverständnis der "Fachgeschäfte für fairen Handel" ist aber die Solidarität mit den Ländern des Südens. Ihr Grundsatz lautet: "Handel statt Hilfe". Und zwar Fairer Handel. Dieser soll eine eigenständige und selbstbestimmte Entwicklung der Menschen der "Dritten Welt" ermöglichen und fördern. Fairness bedeutet bessere Preise als am Weltmarkt üblich und Ausschaltung des Zwischenhandels, der die ProduzentInnen benachteiligt. Ebenso sind Vorfinanzierungen und langfristige Abnehmerverträge mit den Kleinbauern Teil der direkten Handelsbeziehungen.

Mindestpreise, die die Produktionskosten und die Existenz absichern, sind bei Kaffee, Kakao, Honig und Zucker garantiert. So zahlt die Importorganisation EZA ihren Kaffeebauern einen Preis von 131 US-Dollar für 45,5 Kilogramm Kaffee, selbst wenn der Weltmarktpreis wesentlich niedriger notiert ist.

"Wenn wir auf die letzten 20 Jahre zurückblicken, können wir viele Verbesserungen feststellen. Das Einkommen ist gestiegen, die Bildung der Kinder hat an Bedeutung gewonnen und wir haben uns wichtige Kenntnisse angeeignet, so dass wir in der Not auch ohne fremde Hilfe unser Auslangen finden", resümiert Projektpartner Shabbi Kohli aus Indien.

In den Weltläden werden alle Produkte der EZA 3. Welt Gesmbh mit dem TransFair Gütesiegel verkauft. Kaffee, Tee, Schokoladen und Orangensaft, sowie hunderte weitere Produkte aus dem Fairen Handel findet man in den Fachgeschäften.

Garantierte Qualität

EZA ist die Abkürzung für Entwicklungszusammenarbeit. Die gleichnamige Gesmbh ist die größte Importorganisation für Fairen Handel nach Österreich und wurde 1975 von der holländischen Fair-Handels-Organisation FTO gegründet.

"TransFair", der Verein zur Förderung des fairen Handels, vergibt das Gütesiegel an Produkte, die sozial und ökologisch verträglich produziert wurden. Hinter dem Namen TransFair stehen 30 namhafte Organisationen aus Entwicklungspolitik, Bildung, Soziales und Umwelt.

"Die EZA kauft großteils bei kleinen Dorfgemeinschaften, Kooperativen, Genossenschaften von Kleinbauern ein. Die Gemeinschaft bekommt den Mehrpreis und entscheidet dann, was mit dem Geld gemacht wird", erläutert Maria Szentpetery, engagiert von Anfang an und Geschäftsführerin des in Österreich nun größten Weltladens in Linz. Da werde in Maschinen, in Weiterbildung und in Gesundheitsvorsorge investiert.

"Uns ist besonders die Förderung von Frauen und Kindern wichtig, sowie die ökologische Verträglichkeit der Produkte." Ausbeuterische Kinderarbeit werde abgelehnt, was allerdings nicht heiße, dass die Kinder gar nicht mithelfen. Beim Flechten der Körbe oder beim Töpfern sind sie oft mit dabei.

Der auf 150 Quadratmeter erweiterte Weltladen in Linz will ein modernes, stilvolles Ambiente bieten. Es gibt eine Kaffee- und Saftbar, so dass die Produkte gekostet werden können. "Wir wollen weg von dem Image, lieb und klein zu sein". Szentpetery wünscht sich, dass die Kunden die Produkte kaufen, weil sie hochqualitativ sind und nicht weil die Konsumenten Mitleid haben. Auch wenn ihre Erzählungen von Besuchen der Projektpartner in Österreich zum Nachdenken anregen: eine Frau aus Bangladesh zeigte bei ihrem Besuch Dias. Auf einem Bild waren die Körbe, die auch in den Weltläden verkauft werden, auf Bettpritschen geschlichtet. Da der Boden so feucht ist und sie deshalb beschädigt werden würden, werden sie so gelagert. Und die Arbeiterinnen schlafen auf dem Boden. Die TransFair Produkte haben Gesichter und erzählen solche Geschichten.

Kunden, die nachfragen, werden informiert. Man erfährt, woher die Produkte kommen, wie die Menschen in den Herkunftsländern ihr Leben meistern, wie der Kauf ihrer Waren ihnen Chancen im Wettbewerb ermöglicht. Und es wird garantiert, dass jedes zweite TransFair Produkt aus biologischen Anbau stammt. Der Biobauernverband "Ernte für das Leben" hat in Kooperation mit EZA 3. Welt für organisch produzierte Produkte aus Fairem Handel das Gütesiegel: "Die Biobauern. Partner rund um die Welt" entwickelt. So ist Maria Szentpetery überzeugt: "Mit dem Kauf der Produkte tut man sich selbst und anderen etwas Gutes."

Ein Klangspiel ertönt beim Öffnen der Eingangstür. Es duftet nach Gewürzen, im Hintergrund, ganz dezent, südamerikanische Musik. Auf der Suche nach Geschenken wird man hier gut fündig: von Karten, Schmuck bis Musikinstrumenten, Kleidung, Krüge und Kaffeegeschirr. Auf der Eingangstür steht in bunten Lettern "fair schenken". Eine Keramik ging in Scherben. Sie liegen nun in der Auslage auf Sand, neben der heilen Keramik aus Peru.

Faire Preise

Solidarität mit den Menschen in der "Dritten Welt" war bisher bei vielen Käufern eine Hauptmotivation sich den Kaffee aus dem Weltladen zu holen. Es ist kein Umweg mehr vom Supermarkt in den Weltladen, denn die EZA-Produkte sind auch in Supermärkten wie Merkur, Interspar, Nah und Frisch, M-Preis und andern erhältlich. "Ich merke, dass es weiterhin eine große Diskrepanz zwischen Nord und Süd gibt. Ich möchte mit meinem Kauf wenigstens einen kleinen Beitrag für eine gerechtere Aufteilung leisten", begründet eine Kundin im Weltladen ihre Motivation.

Es setzt sich langsam auch die Erkenntnis durch, dass die Produkte durchaus ihren höheren, aber gerechten Preis verdienen. Eigentlich zahle man im normalen Handel viel zu wenig für Kaffee, meint eine Kundin, in der Hand den Kaffee "Organico". Mit dem höheren Preis muss man sich eben abfinden. Das ist eben der faire Preis, sagt ein junger Mann, der gerade eine afrikanische Trommel erstanden hat. Ein anderer betont seinen Qualitätsanspruch: "Es kommt darauf an, ob es mir gefällt oder nicht. Ich kaufe es nicht, nur damit ich denen helfen kann, sondern nur, wenn es mir gefällt und es mir passt."

ISMAM ist eine Genossenschaft von kleinen Kaffeebauern im Hochland von Chiapas, Mexiko. Sie wurde 1986 mit dem Ziel gegründet, durch die Förderung des organischen Kaffeeanbaus mehr Einkommen in der Region zu erwirtschaften. Heute zählt ISMAM rund 1.200 Mitglieder. Der Anbau auf jeweils zwischen einem und drei Hektar Land mit Kaffeesträuchern wird streng kontrolliert. In Österreich ist das Produkt unter dem Namen "Cafè Organico" erhältlich.

Der Erfolg gibt der TransFair-Idee recht.

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