Fairness kann man kaufen

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Es gibt kein billiges Produkt, denn irgendwer muss immer dafür bezahlen. Und damit ist nicht der Konsument gemeint.

Im herkömmlichen Handel mit landwirtschaftlichen Produkten aus den sogenannten Entwicklungsländern werden meist die Schwächsten der Produktionskette - die Kleinbauernfamilien - am schlechtesten behandelt. Fairtrade Österreich (FÖ) zeigt, wie eine gerechte Weltwirtschaft funktionieren könnte, und macht Fairness käuflich.

Die Entwicklung des Jahres 2006 war für FÖ sowohl international als auch in Österreich äußerst erfreulich. Weltweit stieg der Umsatz um 37 Prozent, in Österreich um beinahe das Doppelte. Der größte Zuwachs war bei den Bananen zu verzeichnen. Das Bewusstsein der Bevölkerung in Sachen fairer Handel steigt sukzessive und damit die Nachfrage, und immer mehr Unternehmen erkennen das enorme Potenzial, das der faire Handel bietet: Spitzenprodukte, deren Herkunft man kennt, zu gerecht entstandenen Preisen.

Kriterien einhalten

Das Gütesiegel Fairtrade steht für die Einhaltung klar vorgegebener Kriterien, auf die sich die Konsumenten verlassen können. Unabhängige, strenge Kontrollen garantieren unter anderem, dass die Produzenten in den Entwicklungsländern gerecht bezahlt und keine Kinder ausgebeutet werden.

Unser Ziel ist, dass der Konsument beim Einkaufen immer auch eine Fairtrade-Alternative vorfindet, sei es im Supermarkt, an der Tankstelle, im Drogeriefachhandel - und das glückt uns in Österreich sehr gut: Bereits in mehr als 5000 Geschäften werden Produkte mit dem Gütesiegel für fairen Handel angeboten. Immer mehr Unternehmen sind von dieser Idee überzeugt und wollen mitmachen. Dies wird am Beispiel Kaffee deutlich: Spar, Billa, Merkur, Hofer und Mpreis haben Fairtrade-Kaffee in ihren Sortimenten, und die Bäckerei-und Kaffeehauskette Ströck hat vergangenes Jahr mehr als 50 ihrer Filialen auf fairen Kaffee umgestellt. In Zukunft werden wir uns bemühen, dass noch mehr nachhaltige Produkte als bisher in der Gastronomie und in öffentlichen Institutionen vertreten sind. Die öffentliche Beschaffung für Krankenhäuser, Universitäten oder Ministerien läuft aber nur über den Preis. Wir werden uns dennoch dafür einsetzen, dass auch in diesem Bereich ehrliche Preise eine Chance haben.

Die Wiener Arbeiterkammer hat beschlossen, für die Verpflegung im Büroalltag Fairtrade-Kaffee zu verwenden. Auch Unternehmen der Privatwirtschaft, zum Beispiel die Mobilkom, begeistern sich zunehmend für unsere Idee und versorgen unter anderem ihre Kantinen mit gerecht gehandelten Lebensmitteln.

Sorgfältige Partnerwahl

Derzeit arbeiten in insgesamt 55 Ländern weltweit rund 600 Bauern-Kooperativen nach den strikten Kriterien des fairen Handels. Bevor eine Produzenten-Organisation mitmachen darf, wird geprüft, ob sie sämtliche Bedingungen erfüllen kann. FÖ sucht seine Partner sorgfältig aus und hilft ihnen, effiziente Organisationen zu entwickeln. Nicht alle Beteiligten können lesen und schreiben und leben meist noch in sehr patriarchalen Strukturen.

In zertifizierten Genossenschaften müssen jedoch Frauen wie Männer aller ethnischen Gruppen an sämtlichen wichtigen Entscheidungen ihrer Kooperative direkt und demokratisch beteiligt sein. Ausbeuterische Kinder-und Zwangsarbeit sind verboten. Die Genossenschaften müssen politisch unabhängig sein und eine demokratische Struktur aufweisen. Unsere Partner in den sogenannten Entwicklungsländern müssen neben der schweren landwirtschaftlichen Arbeit auch in den Bereichen Organisation, Management, Soziales, Rechenwesen und Umweltschutz sehr viel lernen und leisten. Dies führt zu enormen Entwicklungsschüben in den Regionen vor Ort.

Entwicklung ermöglichen

Fairtrade-Kooperativen können sich auch deshalb kontinuierlich weiterentwickeln, weil sie für ihre Ware - unabhängig von den Weltmarktpreisen - angemessene Mindestpreise sowie eine Prämie für soziale und ökologische Entwicklung bekommen. Die Folge: Der Ausbau der Infrastruktur der Kooperativen zum Beispiel von Lagerhallen, Kauf von Computern und der Umstieg auf biologischen Anbau werden plan-und realisierbar. Weiters bekommen die Kinder durch die bessere finanzielle Stellung der Eltern die Möglichkeit zur Schule zu gehen, und auch die Wohnqualität und Krankenversorgung verbessern sich. Bereits eine Million Kleinbauernfamilien, beinahe fünf Millionen Menschen, profitieren vom System des gerechten Handels, und sie sind stolz darauf, Fairtrade-Partner zu sein: Nun können sie ihre hochwertigen Qualitätsprodukte exportieren und am Weltmarkt mitmischen.

Ohne Eigeninteresse

Das gerechte Handelssystem ist weltweit einzigartig. FÖ handelt nicht selbst mit den Produkten, sondern agiert als Non-Profit-Organisation ohne wirtschaftliches Eigeninteresse. Die Idee des gerechten Handels kommt aus der katholischen Tradition und ist aus der Entwicklungshilfe heraus entstanden. Bei FÖ waren von Anfang an kirchliche nichtstaatliche Organisationen wie die Caritas, die Dreikönigsaktion und die Katholische Frauen-und Männerbewegung Österreichs mit dabei und haben der Idee zum Durchbruch verholfen. Auch die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit im Außenministerium hat zur Verbreitung des fairen Handels in Österreich Entscheidendes beigetragen.

Die Idee des gerechten Handels und das Fairtrade-Gütezeichen sollen in den Köpfen der Österreicher zum Synonym für eine überlegte nachhaltige Art des Einkaufens werden - abseits vom Diskont, dem Geiz und anderem Billig-Wahn.

Der Autor ist Geschäftsführer der nichtgewinnorientierten Organisation Fairtrade, die sich in Österreich für den gerechten Handel zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten einsetzt und das internationale Gütesiegel "Fairtrade" vermarktet.

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