Familie - © Foto: Unsplash/Sandy Millar

Familienförderung in Deutschland vs. "Familien GmbH" in Österreich

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Die liebe Familie: Während man in Deutschland um eine zeitgemäße Familienförderung ringt, begnügt sich Österreich mit einer zahnlosen "Familien GmbH". Und einer schwangeren Ministerin als Signal.

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Die liebe Familie: Während man in Deutschland um eine zeitgemäße Familienförderung ringt, begnügt sich Österreich mit einer zahnlosen "Familien GmbH". Und einer schwangeren Ministerin als Signal.

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Die Zeiten, da Gerhard Schröder deutscher Kanzler war - und Familienpolitik als bloßes "Gedöns" einer Quotenfrau in der Regierung galt -, sind endgültig vorbei. Spätestens seit zwei Wochen haben die Koalitionsparteien cdu/csu und spd die Familienförderung zur Chefsache auserkoren. Nicht ganz freiwillig, zugegeben: Zu umstritten sind die Pläne von Angela Merkels "Geheimwaffe" im Familienressort, Ursula von der Leyen (cdu), mit denen der gordische Knoten "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" endlich aufgedröselt und das Schreckensszenario eines kinderlosen Pensionistenstaats verhindert werden soll.

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Die siebenfache Mutter hat Bahnbrechendes vor: So sollen Eltern rückwirkend ab 1. Jänner 2007 eine Lohnersatzleistung in der Höhe von 67 Prozent ihres Netto-Einkommens erhalten - maximal 1800 Euro monatlich bis ein Jahr nach der Geburt. Zudem soll ein Elternpaar - im Fall doppelter Berufstätigkeit! - jährlich 4000 Euro für Kinderbetreuung steuerlich absetzen können. Bei Sieben-bis 14-Jährigen gilt dies ab dem ersten Cent; bei Kindern unter sechs Jahren nur, wenn die Betreuungskosten tausend Euro übersteigen. Ein Monsterpaket, für das die schwarz-rote Regierung 460 Millionen Euro in Aussicht stellte.

Die koalitionäre Harmonie im Dienst der Familien währte freilich nur kurz: Mittlerweile hagelt es von allen Seiten Kritik am ehrgeizigen Konzept der 47-jährigen Durchstarterin. Man kann tatsächlich (mit der spd) der Meinung sein, ein solches Modell würde gegen das Prinzip der Gerechtigkeit verstoßen, weil es Besserverdienende - durch die Erstattung eines höheren Verdienstausfalls oder die "Ausgabenschwelle" von tausend Euro - bevorzugt. Man kann sich auch (wie manche in der cdu) daran stoßen, dass der "Zwang" zur doppelten Berufstätigkeit die traditionelle Ein-Verdiener-Ehe diskriminiert. Der Mut und die Weitsicht der neuen deutschen Ministerin, erstmals die Familien dort "abzuholen" und zu fördern, wo sie stehen, ist dennoch nicht hoch genug zu schätzen. Schließlich basieren ihre Visionen auf zwei Erkenntnissen, die wohl auch für Österreich gelten: "Erstens: Frauen in Deutschland sind beim ersten Kind im Durchschnitt 30 Jahre alt. Und zweitens: Über 95 Prozent der 30-jährigen Frauen sind berufstätig", weiß von der Leyen. Für sie alle stellt sich nicht mehr die Frage, ob sie neben einem Kind arbeiten, sondern, ob sie trotz ihrer Erwerbstätigkeit Kinder bekommen. Eine Logik, die Familienpolitikerinnen und Familienpolitiker guten Willens nicht mehr ignorieren können.

Die Zuverdienstgrenze von 14.600 Euro jährlich gilt unter Expertinnen und Experten längst als Schikane bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Anders in Österreich: Statt etwa das Kinderbetreuungsgeld auf seine tatsächliche Tauglichkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls den Bedürfnissen der Familien anzupassen, schickt man Durchhalteparolen aus. "Ende Februar" werde die lange erwartete Evaluierungsstudie schon kommen, heißt es aus dem Büro der zuständigen Ministerin Ursula Haubner (bzö). Dabei gilt die Zuverdienstgrenze von 14.600 Euro jährlich unter Expertinnen und Experten längst als Schikane bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dass nun die Zahl der Kindergeldbezieherinnen wieder leicht gesunken ist (von 166.600 im November auf 166.580 im Dezember 2005) und auch die Kleingruppe babysittender Männer wieder schrumpft, macht das Warten nicht leichter.

Ebenso wenig Haubners jüngster "Coup" - die umstrittene Gründung einer "Familie & Beruf Management GmbH". Dass die Fixkosten der ausgelagerten GmbH (kolportierte 523.000 Euro) in keinem Verhältnis zum Gesamtbudget von 2,7 Millionen Euro stehen, hat nicht nur die Opposition aufgebracht. Zuletzt gab auch die Tatsache zu denken, dass nun mit Günter Danhel, Leiter des "Instituts für Ehe und Familie" der Bischofskonferenz, ein prononciert konservativer Geschäftsführer berufen wurde, dem auch Familienexpertinnen und-experten katholischer Provenienz wenig Rosen streuen.

Was kann hier noch helfen? Das Signal, dass mit Karin Gastinger erstmals eine österreichische Ministerin und mit Eva Glawischnig eine weitere Spitzenpolitikerin ein Kind erwarten? Vielleicht. Wünschenswerter wäre es, nicht von solchen Glücksfällen abhängig zu sein. Doch das vermag nur eine Familienpolitik mit Blick auf reale Bedürfnisse. Ganz ohne "Gedöns".

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