Flexibel - aber bitte nicht privat!

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Es hat das Zeug zum Wort des Jahrzehnts: Flexibilität. Ob Arbeitszeiten, Öffnungszeiten oder die Forderung, auf Wunsch der Firma mit Kind und Kegel zu übersiedeln: Ohne die Bereitschaft zu maximaler Flexibilität sehen die Player im österreichischen Wirtschaftsspiel recht alt aus. Umso paradoxer, dass ausgerechnet in einem der persönlichsten Lebensbereiche - der Gestaltung des Familienlebens - mit flexiblen Lösungen gegeizt wird: Dass die Mama bis 21 Uhr im Supermarkt schuften muss, scheint OK. Ihrem Sprössling bis zu dieser Uhrzeit eine Betreuung anzubieten, gilt vielen als kinderfeindlich.

Besonders krass wird die Schere zwischen elterlichem Bedarf und gesellschaftlichem Angebot beim Kinderbetreuungsgeld. Nebenbei arbeiten? Gern - aber bei einem Euro über der jährlichen Zuverdienstgrenze von 14.600 Euro bitte alles retour! Die Kinderbetreuung von Anfang an auf beide, Teilzeit arbeitenden Eltern aufteilen? Seien Sie so frei - aber ohne Möglichkeit, den Bezug des Kindergeldes zu splitten.

Dass sich SPÖ und ÖVP (bis Redaktionsschluss) zumindest darauf verständigen konnten, das Kindergeld flexibler zu gestalten, lässt hoffen. Mit der bloßen Aufhebung der Zuverdienstgrenze ist es freilich nicht getan. Es braucht Lösungen, die sich - wie das deutsche Elterngeld - am Einkommen orientieren und dadurch für die meist besser verdienenden Männer attraktiver werden (3,5 Prozent Karenzväter können nicht alles sein!); es braucht leistbare Kinderbetreuungsangebote mit flexiblen Öffnungszeiten; und es braucht die Förderung von familien-und teilzeitfreundlichen Betrieben.

Vor allem aber braucht es die Einsicht, dass die Eltern immer noch besser wissen als der Staat, was gut für sie und ihre Kinder ist. So viel Autonomie und Flexibilität muss man den Bürgerinnen und Bürgern schon gönnen. Auch und gerade privat.

doris.helmberger@furche.at

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