Freunde

Freundschaft: Um ihrer selbst willen

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Sie wird sehnsüchtig gesucht, leidenschaftlich gelebt, tragisch verraten – und könnte doch im besten Falle das Fundament des Glücks sein. Zum internationalen Tag der Freundschaft am 30. Juli.

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Sie wird sehnsüchtig gesucht, leidenschaftlich gelebt, tragisch verraten – und könnte doch im besten Falle das Fundament des Glücks sein. Zum internationalen Tag der Freundschaft am 30. Juli.

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Immer wieder kommt dies Ereignis in meinen Kopf, ob ich will oder nicht. Ich war gerade im Studium und hatte für den folgenden Tag eine – relativ – wichtige Arbeit abzugeben. Da rief mich ein alter Freund an. Wir kannten uns seit der Schulzeit. Ihm wurde am Vortag unerwartet gekündigt, er war völlig aufgelöst, wollte vorbeikommen. Für meinen Freund war hörbar eine Welt eingebrochen. Er brauchte jemanden zum Zuhören, zum Reden, zum Dasein. Ich sagte, er könne vorbeikommen, doch schob ein ‚Aber‘ nach, eine Bedingung: Ich könne nicht den ganzen Abend und auch nicht den nächsten Tag mit ihm verbringen, wegen der Studienarbeit.

Er kam schließlich gar nicht. Offenbar, das begriff ich später (zu spät), brauchte er mehr als ein paar Stunden zum Reden. Er brauchte Bedingungslosigkeit. Das Thema über das ich damals schrieb, weiß ich heute, nach 20 Jahren, nicht mehr. Wohl aber erinnere ich mich an seine traurige Stimme, den Kummer, den er hatte. Und ich schäme mich, wenn ich daran denke.

Beständiger als Partnerschaft?

Nein, ein Freund war ich damals nicht. Wie aber einer sein? In der Freundschaft, schreibt der Philosoph Klaus-Dieter Eichler in „Philosophie der Freundschaft“, bilde sich „über die konkrete Erfahrung von Gegenseitigkeit ein Verständnis von Intimität heraus, das sich in moralischen Werten wie Vertrauen, Verlässlichkeit, Wahrhaftigkeit, Offenheit und Solidarität auszeichnet“.

Freundschaft kann, wenn sie echt ist, ein Leben lang währen. Sie ist potenziell beständiger als die Liebespartnerschaft, die zerbrechen kann. Das ist nicht erst heute so. Bereits für Aristoteles, der als erster bedeutender Denker die Freundschaft umfassend beschrieb, war klar: „Alle Menschen brauchen Freunde.“ Aristoteles unterschied drei Arten von Freundschaft: die Nutzen-Freundschaft, also das, was heute etwa die (digitalen) sozialen und beruflichen Netzwerke sind; dann die Freundschaft der „Annehmlichkeit“, wobei das Beisammensein mit einer konkreten Person als lustvoll erlebt wird.

Die eigentlich tugendhafte sei aber jene „innigste Freundschaft, den Freunden alles Gute zu wünschen rein um ihrer selbst willen. Zwischen ihnen bleibt darum die Freundschaft bestehen, solange sie edel gesinnt sind. […] Da ist jeder von beiden edel an und für sich und edel gegen den Freund“. Eine solche Freundschaft werde zur Grundlage eines guten, gelingenden Lebens, der eudaimonia.

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