Gegen Machos ist ein Strauch gewachsen

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Die Kaffeebäuerinnen der Frauenkooperation APROLMA schaffen sich Platz in der Männerdomäne Kaffeeanbau. Im mittelamerikanischen Honduras besitzen normalerweise Männer die wertvollen Plantagen. APROLMA lässt sich das nicht gefallen.

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Die Kaffeebäuerinnen der Frauenkooperation APROLMA schaffen sich Platz in der Männerdomäne Kaffeeanbau. Im mittelamerikanischen Honduras besitzen normalerweise Männer die wertvollen Plantagen. APROLMA lässt sich das nicht gefallen.

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In knapp zwei Wochen beginnt in Honduras die Kaffeeernte. Dann wird Cruz Dolores Benitez Espinoza zusammen mit ihren Kolleginnen die reifen Kaffeekirschen sorgfältig ernten und weiterverarbeiten. Zunächst scheint das für mittelamerikanische Landfrauen nicht außergewöhnlich zu sein. Neben ihren Kaffeesträuchern trägt aber auch der Kampf der Bäuerinnen um Selbstbestimmung satte Früchte. Sie bebauen ihre Landparzellen im honduranischen Marcala und haben gleichzeitig die Rechte an Boden und Gewinn. Sie bestimmen, wo sie investieren, an wen sie verkaufen und was mit dem Erlös passiert.

Mittelamerika ist nach wie vor stark vom "Machismo" geprägt. Söhne erben die Felder. Ehemänner bestimmen über das Geld ihrer Frauen. "Ich habe eine Bekannte, deren Mann ihr nach seinem Gusto Kleidung kauft. Wenn wir uns nicht organisieren, backen wir unser Leben lang nur Tortillas für unsere Ehemänner.", spitzt Dolores die Situation in ihrem Land zu. Sie setzt sich bereits seit dem Teenager-Alter dafür ein, dass Frauen ihre Rechte kennen und nutzen lernen. Mit sechzehn Jahren kam sie aus ihrem Heimatdorf nach Marcala und arbeitet seitdem auf den Kaffeeplantagen.

Der Preis der Freiheit

Lange engagierte sie sich in einer Landfrauenvereinigung aus der sich vor zwei Jahren die Kooperative APROLMA (Asociación de Productoras Libres de Marcala) abspaltete. Die Bäuerinnen kümmern sich im Verband um die Produktion und die gemeinsame Vermarktung ihrer hochwertigen Kaffeebohnen. Ein Grundprinzip der Kooperative ist neben der weiblichen Selbstbestimmung der biologische Anbau. Dolores beteuert entgegen aller kritisch-feministischer Einwände, dass Frauen die Natur mehr schätzen als Männer. Deshalb seien sie eher bereit dafür ,ihren Kaffee biologisch anzubauen. Kurz nach der Umstellung geht der Ertrag der Sträucher leicht zurück. Das wollen viele nicht. Die Profitgier der Männer sei einfach zu ausgeprägt behauptet die Honduranerin.

Nachdem der gefürchtete "Kaffeerost", eine Pilzkrankheit, ausgebrochen war, holten sich aber manche Bauern sogar biologischen Rat bei der Frauenkooperative. Während nahezu alle konventionellen Pflanzen befallen waren, traf es bei den biologisch angebauten nur die Hälfte. "Das bestätigte uns sehr in unserem Tun. Seitdem sind wir noch überzeugter vom biologischen Anbau." Knapp 70 Mitglieder zählen zur Kooperative, deren Genossenschafterinnen ausschließlich Frauen sind.

"Zwei Arten von Frauen engagieren sich bei uns. Jene, die schon länger um ihre Rechte kämpfen geben ihr Wissen an die Neuen, Unerfahrenen weiter.", so Dolores. Mit ihrem Mann arbeitet sie auf Augenhöhe zusammen, auch er hilft beim Kaffeeanbau. "Einige Ehemänner haben sich davon gemacht. Sie sahen ihre Macht untergraben und verließen ihre Familien. Diese Frauen ziehen ihre Kinder jetzt alleine groß. Das ist der Preis, den manche von uns für die Emanzipation zahlen müssen. Es gibt auch einige die unsere Tätigkeit begrüßen und selbst mitarbeiten. Inzwischen haben sie begriffen, dass unser Projekt funktioniert und respektieren uns dafür. Durch ihr Projekt und den biologischen Anbau sichert sich APROL-MA einen festen Platz am Weltmarkt .

"Adelante"-Vorwärts denken

Im Frühjahr vergangenen Jahres suchte die österreichische EZA für fairen Handel Partnerinnen für einen neuen Kaffee im Sortiment. Die Geschäftsführerin Andrea Schlehuber erklärt, warum bei diesem Kaffee die Bohne aus Frauenhand kommen muss. "Wir waren begeistert vom Projekt. Wir wollen Kaffeebäuerinnen fördern, da sie ohnehin unterrepräsentiert sind. Wir drängten sie geradezu, sich Fair Trade zertifizieren zu lassen. " Der Großteil des neuen Kaffees namens "Adelante" kommt aus Honduras. Ugandische Bäuerinnen steuern 25 Prozent der Bohnen bei. Kaffee ist das stärkste Produkt in der Importorganisation der EZA, er steht für 38 Prozent des Gesamtumsatzes. Mittel- und Kleinbauern stemmen fast die gesamte Kaffeeproduktion. Das honduranische Landwirtschaftsdepartment fördert eher die Großbauern. Umso wichtiger sind Zusatzzertifikate und Kooperationen. Dolores ist der Meinung, dass sie ihren "Kaffee verschenken müssten", wenn sie sich nicht zertifizieren hätten lassen.

Die Frauen ziehen viele Vorteile daraus, dass sie sich in einer Kooperative organisieren. Dank der Genossenschaft können sie sich Maschinen leisten, um den Kaffee weiterzuverarbeiten. Dadurch steigt der Wert des Rohkaffees. Dolores Mutter betreibt konventionellen Anbau und ist in keiner Genossenschaft. "Sie bekommt für ein Quintal, ein Zentner Kaffeekirschen umgerechnet acht Euro. Wir bei APROLMA verlangen für ein Quintal das dreifache." Für einen Sack Kaffee zu rund vierzig Kilogramm bekommt APROLMA rund 230 Euro.

Hochzertifizierter Papierkrieg

Der Weg zur hochzertifizierten Landwirtschaft war für Dolores und ihre Kolleginnen nicht leicht. Sie mussten innerhalb eines Jahres alle Gütesiegel nachweisen. "Das war ein großer bürokratischer Aufwand für die Genossenschafterinnen. Langfristig ist es für die Bäuerinnen sinnvoll. Durch die Zertifikate können sie in Marktnischen schlüpfen und sich dort halten. Konventionelle Bauern sind stärker vom Weltmarktpreis abhängig und für Kunden leichter ersetzbar", rechtfertigt EZA-Geschäftsführerin Schlehuber den Papierkrieg. Laut Dolores können sie mit der Genossenschaft und den Gütesiegeln nur gewinnen. "Wir kennen unsere Rechte und verteidigen sie. Wir wissen, wie wir aus unserer Arbeit und unseren Feldern einen Vorteil rausschlagen können."

Wenn die Frauen im Oktober die Früchte ihrer harten Arbeit ernten, bringt sie das ein Stück weiter im "Kampf gegen den Machismo", wie es die selbstbewusste Kaffeebäuerin bezeichnet. Sie arbeiten für sich und ihre Familien und festigen Kirsche um Kirsche ihre selbstbestimmte Existenz.

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