Gelungene Beziehungen gehören zum Glück

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Die Reue kommt oft. Aber meist zu spät. "Ich erlebe es immer häufiger, daß Menschen kommen und sagen: Wenn ich alles erreicht habe und dabei meinen Partner verloren habe, dann ist das alles nichts mehr wert!" Barbara Raggautz, Familientherapeutin am Institut für systemische Therapie in Wien, weiß aus Erfahrung, daß der Wunsch nach Beziehung, Partnerschaft, Ehe und Familie beim Großteil der Bevölkerung nach wie vor an erster Stelle steht, "auch wenn das in der Öffentlichkeit oft anders dargestellt wird".

Den Wunsch nach Beziehung und Familie zeigen auch Untersuchungen von Psychologen und Soziologen immer wieder auf, wie Veronika Gössweiner vom Österreichischen Institut für Familienforschung bestätigt: Demnach standen 1993 beim Großteil der Österreicher Partner- und Familienzufriedenheit an erster Stelle, gefolgt von finanziellem und beruflichem Glück. Lediglich einen altersmäßigen Unterschied konnten die Forscher feststellen, wie die Psychologin erklärt: "Für die 20- bis 30jährigen sind eindeutig der Partner, gefolgt von der finanziellen Situation für ihre Lebensqualität am wichtigsten. In der Altersgruppe danach sind es Familie und Beruf. Nur bei den 50- bis 59jährigen spielt der Beruf die zentrale Rolle im Leben, noch vor der Familie. Für ältere Menschen ab 60 rückt wieder die Familie in den Vordergrund."

Eheglück! Illusion?

In ihrer Tätigkeit an einer der 300 Familienberatungsstellen, die vom Familienministerium gefördert werden, hat Veronika Gössweiner die Erfahrung gemacht, daß vor allem junge Leute immer ein Ziel vor Augen haben: "Die meisten streben nach einer festen, glücklichen, dauerhaften Beziehung. Das ist für fast alle jungen Leute das wichtigste Ziel, das sie in ihrem Leben erreichen wollen."

"Wenn Glück in der Familie vorhanden ist, generalisiert sich das aufs ganze Leben. Und ebenso ist es umgekehrt", meint auch Barbara Raggautz aufgrund ihrer Erfahrung als Familientherapeutin. "Ein Mensch ist eigentlich weder handlungs- noch einsatzfähig, wenn seine engen Beziehungen in Frage stehen, wenn da irgend etwas nicht stimmt."

Der Wunsch nach Liebe und Geborgenheit, nach einem Ort, an dem man um seiner selbst willen geliebt und angenommen wird wie man ist, ist demnach eine der zentralen Glücksvorstellungen des Menschen.

Und trotzdem: 1996 wurden allein in Österreich 18.079 Ehen geschieden. Eheschließungen gab es demgegenüber 42.298. Warum kriselt es in so vielen Beziehungen? Woran zerbrechen so viele Ehen, weshalb gehen so viele Familien auseinander?

"Der Wunsch und die Vorstellung einer glücklichen Familie, stimmen sehr oft nicht mit dem überein, was die Menschen dann erleben, wenn sie Beziehung und Familie tatsächlich leben," meint Barbara Raggautz.

Auch Tresi Sauer, Erwachsenenbildnerin im Bereich Ehe und Familie, weiß aus ihren Eheseminaren, daß viele ihre Beziehung nur zu gern durch die rosarote Brille sehen: "Die Ansprüche, die man sich selber stellt, sind oft einfach zu hoch, zu idealistisch." Familientherapeutin Barbara Raggautz sieht das ähnlich: "Viele nörgeln am Partner herum und geben auf, weil man heute unbedingt der Idealvorstellung nahekommen will. Wenn das dann beim ersten oder zweiten Anlauf nicht gelingt, ist man sehr schnell bereit, den Partner oder die Partnerin zu wechseln und einen neuen Start zu machen."

Der Druck von außen ist stark, und es ist schwierig, ihm standzuhalten: "Man übernimmt die hohen Erwartungen der Umwelt eben auch in das eigene Bild einer perfekten Familie", muß Tresi Sauer immer wieder feststellen. Die Erwachsenenbildnerin wundert sich aber nicht darüber, daß bei vielen die Erwartungen so überzogen sind: "Sehen Sie sich doch nur einmal die Werbespots im Fernsehen an. Alles ist perfekt, jedes Produkt verkauft sich mit dem Bild der lachenden, tollen Familie. Die Spots für Familienautos auf die glückliche Familie mit vielen, süßen Kindern, die Waschmittelwerbung auf die perfekten Hausfrauen. Aber das stimmt mit der Realität nicht überein!"

"Aber es liegt nicht nur an der Einstellung der Menschen, oder an ihrem fehlenden Willen," meint Veronika Gössweiner",daß die Ziele Partnerschaft, lebenslange Beziehung, Familie und Kinder nicht mehr so oft glücken." Die Familie müsse heute die schwierige Aufgabe übernehmen, als "Puffer für Gesellschaft und Beruf zu fungieren", und das überfordere sie zusehends, erklärt die Psychologin.

So sein, wie ich bin Und dennoch: "Glück ist nur zum Teil ein Geschenk", ist Barbara Raggautz überzeugt. "Glück muß auch erarbeitet werden, und es ist oft sehr harte Arbeit, die verschiedenen Etappen des Lebens und einer Beziehung zu meistern." Auch Tresi Sauer weiß: "Mit den schwierigen Seiten einer Beziehung fertig zu werden, erfordert sehr viel Disziplin."

Von der öffentlichen Hand und der Medienwelt würden sich viele eine stärkere Unterstützung und Propagierung der Erwachsenen- und Elternbildung wünschen, in der junge Menschen sozusagen prophylaktisch auf Beziehung und Kommunikation vorbereitet werden sollten.

Die "Herzensbildung" aber, die einem Menschen schon von ganz klein auf mitgegeben werden sollte, könne dadurch nicht ersetzt werden, meint Familientherapeutin Barbara Raggautz: "Das Gefühl, geborgen zu sein, hier kann ich sein wie ich wirklich bin, zu meinem innersten Kern stehen und muß mich in keiner Weise verstellen. Man liebt mich wie ich bin."

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