Waldbrand - © Foto: iStock/mack2happy (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger)

Geschichte des Weltuntergangs: Die Zeichen an der Wand

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Seit Beginn des 21. Jahrhunderts flackert es allerorten apokalyptisch, und der Omnizid ist lange kein Gedankenspiel mehr. Über prophetische Geister und die Lust am Untergang.

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Seit Beginn des 21. Jahrhunderts flackert es allerorten apokalyptisch, und der Omnizid ist lange kein Gedankenspiel mehr. Über prophetische Geister und die Lust am Untergang.

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Die Corona-Pandemie samt ihren Lockdowns – gemeinsam mit all den apokalyptischen Klimareitern – hat viele von uns in eine Weltuntergangsstimmung versetzt. In einigen Jahrzehnten, so wird prophezeit, sind große Teile des Planeten unbewohnbar geworden. Zugleich strebt die Zahl der Menschen, trotz Hunger, Seuchen, Terror und Krieg, rasch über die Acht-Milliarden-Marke hinaus.

Haben wir die Zeichen an der Wand kleingeredet oder ignoriert? Wir wissen um unser Menetekel, es lautet „Omnizid“, Auslöschung unserer eigenen Art. Man möchte meinen, die Zeit sei vorbei, als man vor dem Fernseher oder im Kino, ausgerüstet mit Cola-Becher und Popcorn, den Weltuntergang genießen konnte. Aber nein, es werden die besten Weltuntergangsfilme beworben, samt Alien-Invasion und Zombie-Pandemie. Hervorragend bewertet wird die Serie „The Bad Batch“, nach dem gleichnamigen Film von 2016, dessen postapokalyptische Handlung in der Wüstenwelt kannibalistischer Kreaturen spielt …

Im ersten Teil des „Faust“ lässt Goethe seinen Mephistopheles sagen: „Ich bin der Geist, der stets verneint! Und das mit Recht; denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht.“ Doch Goethes Welt ist keine am Abgrund, und das ewig strebende Individuum kann erlöst werden. Denn der klassische Humanismus birgt eine antiapokalyptische Hoffnung. Am Ende des zweiten Teils der „Tragödie“ wird Faust – er hat den Tod des von ihm geschwängerten Gretchens zu verantworten – nach einem langen, mühevollen Leben in den Himmel aufgenommen.

Antiapokalyptische Hoffnung

Freilich, es bleibt der Richtspruch des Teufels. Neben dem aufgeklärten Fortschrittsdenken fasziniert, in vielen Variationen, auch weiterhin die apokalyptische Erzählform. Demnach muss die bestehende Schöpfung vernichtet werden. Erst dann wird es möglich sein, im Rahmen einer neuen, strahlenden Ordnung alle schlimmen Dinge endgültig ins Gute zu wenden.

Richard Wagner hat seine „Ring“-Tetralogie in der „Götterdämmerung“ gipfeln lassen. Diese endet mit dem Untergang Walhalls, ursprünglich Ruheort der gefallenen Krieger, später Stammsitz des Göttervaters Wotan/Odin. Die letzte szenische Anweisung Wagners lautet: „Als die Götter von den Flammen gänzlich verhüllt sind, fällt der Vorhang.“ Die Welt der alten Götter hat sich zu Ende gelebt, der Fluch des Rheingoldes wurde durch eine Opferhandlung gebrochen, Brünnhilde, Lieblingstochter Wotans, reitet voran ins Feuer. Nun ist die Zeit einer neuen Weltordnung angebrochen, in deren Mittelpunkt – so erfahren wir aus schriftlichen Äußerungen Wagners – die Erlösergestalt des Jesus von Nazareth stehen sollte. Sowohl Goethe als auch Wagner bedienen sich aus dem historischen Arsenal der Mythen, wenn auch mit unterschiedlichen Gewichtungen. Goethe hellt die Antike auf: Sie gilt ihm als Vorbild des Humanen. Wagner hingegen komponiert im Gegenlicht zur Aufklärung.

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