Gewissenskonflikt im Spital?

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In Österreich erlaubt der Paragraph 97 im Strafgesetzbuch einen Schwangerschaftsabbruch auch jenseits der zwölften Schwangerschaftswoche - also außerhalb der Fristenregelung -, wenn "eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde." Kein Arzt darf freilich dazu gezwungen werden. Theoretisch ist ein Abbruch nach embryopathischer Indikation bis zum Einsetzen der Wehen straffrei. In der Praxis beachten die Mediziner freilich das Konzept eines "graduell abgestuften Lebensschutzes": Je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist, desto stärker wird der Schutz des ungeborenen Lebens. Auf diesen Konsens hat sich 2002 auch eine Arbeitsgruppe der Österreichischen Gesellschaft für Prä- und Perinatalmedizin geeinigt. Die Entscheidung, ob etwa am Wiener AKH ein solch traumatischer Eingriff auf Wunsch der Frau tatsächlich vorgenommen wird, fällt laut Peter Husslein das Ärztekollektiv nach umfassender Diskussion - nötigenfalls mit Hilfe zusätzlicher Experten. In dem "Konsensus-Statement" aus dem Jahr 2002 war zwar noch der "einstimmige Konsens" bei einem Spätabbruch das Ziel - in der Praxis würde jedoch auf Basis einer "qualifizierten Mehrheit" entschieden, so Husslein: "Sonst gebe ich den konservativsten ja das Monopol." Auch Ethikkommissionen seien nicht praxistauglich, schließlich müsse "am Ende des Tages eine Entscheidung getroffen werden". Verärgert zeigt sich Husslein darüber, dass oftmals Patientinnen, die an einem Ordensspital einen auffälligen Pränatalbefund erhalten haben, "in ihrer Verzweiflung" ans AKH kommen, um einen Abbruch vornehmen zu lassen. Tatsächlich befinden sich die Ordensspitäler hier in einem Gewissenskonflikt: Einerseits bietet die Pränataldiagnostik die Möglichkeit, sich rechtzeitig auf etwaige nötige Therapien oder Operationen einzustellen, andererseits bringt sie Frauen und Ärzte in die Situation, über Tod und Leben entscheiden zu müssen. Der immer häufigere Einsatz von Gentests verschärft die Situation zusätzlich. In Kooperation mit dem Institut für Theologische Ethik der Universität Wien wird deshalb gerade an einer Handreichung gearbeitet, wie Paare im Kontext pränataler Diagnostik gut beraten und begleitet werden können.

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