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Die Hiobsbotschaften von (unbewiesenen) Klongeburten häufen sich. Höchste Zeit, das Treiben zu verbieten -auch wenn prinzipielle Argumente gegen das Menschenklonen Mangelware sind.

Ein guter Tag beginnt mit einem neuen Klonbaby - so ähnlich dürfte die Losung von "Clonaid"-Chefin Brigitte Boisselier lauten: Noch schwirrt "Eve" durch die Gazetten, da soll ihr schon - irgendwo in Nordeuropa - ein wesensmäßiges Geschwisterchen geboren sein. Bis Februar sei mit drei weiteren Klongeburten zu rechnen, verkündete die selbst ernannte "Bischöfin" der UFO-gläubigen Raelianer.

So eilig es Boisselier hat, die Unsterblichkeitsphantasien von Sektengründer Claude Vorilhon alias "Rael" durch Klonen umzusetzen, so viel Zeit lässt sie sich mit Beweisen: Bis heute wartet die Weltöffentlichkeit darauf, dass "Eve" einem unabhängigen Gentest unterzogen wird.

Auch wenn den Raelianern nur der "erste große Bluff im Weltmaßstab" (Le Monde) gelungen wäre - das Dilemma bleibt. Tatsache ist, dass weitere Klonphantasten wie Severino Antinori darum rittern, als Schöpfer des genetisch kopierten homo xerox Geschichte zu schreiben. Selbst wenn "Eve" ihre Existenz simpler sexueller Fortpflanzung verdanken sollte: Mit der Geburt eines geklonten "Adam" muss früher oder später gerechnet werden.

Umso unverzeihlicher ist das biopolitische Versagen der internationalen Staatengemeinschaft. Erst im November war der Versuch, ein weltweites Verbot reproduktiven Klonens auf UN-Ebene zu installieren, kläglich gescheitert (vgl. Furche Nr. 51-52, Seite 7). Die Entscheidung wurde auf September 2003 vertagt. Bis dahin können also "Rael", Antinori & Co. in den rechtsfreien Winkeln dieser Welt - vorzugsweise in Asien - ihr experimentelles Schöpfungswerk vollenden.

Klon-Pärchen im Paradies?

Ob es mit internationalen Verboten gelingen kann, ihnen das Handwerk zu legen, war und ist umstritten. Dass aber diese Anthropotechnik mit guten Gründen zu ächten ist, galt als common sense - wenn auch viele davon ausgingen, dass eine rechtliche Regelung dieser Frage so akut sei wie ein Verbot illegaler Einwanderung vom Mars. Seit der Geburt von "Eve" am 26. Dezember gerieten diese argumentativen Grundfesten jedoch ins Wanken. Erst jüngst meinte Michael Fleischhacker in der Presse, dass es kein einziges prinzipielles Argument gebe, in einem liberalen, weltanschaulich neutralen Rechtsstaat reproduktives Klonen zu verbieten. "Prinzipielle" Gegner dieser Technik würden meist mit "Schöpfungs"-Begriffen argumentieren, die aber erst entmythologisiert werden müssten, um für heutige Zwecke tauglich zu sein. Sonst befänden sich die Raelianer sogar im Rahmen der biblischen Logik: "Wenn Gott Eva tatsächlich aus der Rippe Adams erschaffen hat, dann ist das reproduktive Klonen nachgerade die Grundlage der gesamten Schöpfungsordnung."

Trotz der Schieflage dieses Bildes - erstens sind Klone gleichen Geschlechts und zweitens dürfte sich der Mensch nach biblischem Verständnis gerade nicht an die Stelle des vermeintlichen Klonierer-Gottes setzen - wurde es von Christian Rainer im profil bereitwillig aufgegriffen, um die religiös-metaphysische Kritik am Klonen für entkräftet zu erklären.

Tatsächlich weisen jene Argumente, die von katholischen oder evangelischen Theologen gegen das reproduktive Klonen ins Treffen geführt werden, angesichts etablierter Reproduktionstechniken so manche Schwäche auf:

* Das Argument der Instrumentalisierung des Menschen trifft sicher dann zu, wenn verquere Ziele wie die Replikation von sich selbst oder gar die Schaffung einer Sklavenhaltergesellschaft à la Rael angestrebt werden. Es verliert aber dort an Plausibilität, wo reproduktives Klonen dazu dient, Unfruchtbarkeit durch asexuelle Fortpflanzung zu überwinden. Hier ist keine größere Instrumentalisierung festzustellen als bei einer In-vitro-Fertilisation.

* Das Argument des Verstoßes gegen die Gottebenbildlichkeit des Menschen und seine Würde führt spätestens dann zum Dilemma, wenn es die ersten Klonbabys gibt: Wer wollte ihnen ihre Menschenwürde absprechen - unabhängig davon, ob der Vorgang ihrer Erzeugung verurteilt wird?

Diese prinzipiellen Gründe scheinen auf wackeligen Beinen zu stehen. Ein triftiger Grund für ein weltweites Klon-Verbot sind aber jene Menschenexperimente, die bis zur Ausreifung dieser Anthropotechnik nötig wären. Dass spätestens durch sie Menschen instrumentalisiert und in ihrer Würde verletzt werden, ist unbestritten. Selbst wenn manche dieses Argument als bloß temporär und relativ betrachten: Es reicht aus, die Praktiken der Boisseliers, Raels und Antinoris - auch und gerade in weltanschaulich neutralen Rechtsstaaten - zu ächten.

doris.helmberger@furche.at

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