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Hans Jellouschek, deutscher Paartherapeut und Theologe, über romantische Liebe, Kinder als Liebes-Killer und den Sinn von Paartherapien.

Die Furche: Was ist für Sie Liebe?

Hans Jellouschek: Liebe hat immer etwas mit einer "Hinbewegung" zum Du zu tun. Wenn es um die Liebe zwischen Frau und Mann geht, gehört dazu, dass sie einander sagen können: "Ich gebe mich dir als Frau/Mann - und ich nehme dich als Mann/Frau". Das beinhaltet den Wunsch und Willen, das Leben in all seinen Dimensionen - mental, emotional, körperlich - miteinander zu teilen.

Die Furche: Hat Liebe für Sie auch eine religiöse Dimension?

jellouschek: Ja. In der Vereinigung mit dem Du werde ich mit ihm eins. Das ist dieselbe Bewegung, um die es in allen Religionen geht: Um die Vereinigung mit dem größeren Ganzen.

Die Furche: Sie beschreiben in Ihrem Buch "Die Kunst als Paar zu leben" (Kreuz Verlag) sieben Vorstellungen von Liebe - eine davon ist die "romantische Liebe". Welchen Platz muss oder soll sie in einer Beziehung haben?

jellouschek: Die romantische Liebe ist typisch für die Zeit der Verliebtheit; sie allein reicht aber nicht für ein Leben lang aus. "Darunter" muss eine Liebe als stabile Haltung wachsen, die emotionale Schwankungen auch zu überdauern vermag. Aber natürlich gibt es der Liebe eine besondere Würze, wenn ein Paar so zu leben versteht, dass immer wieder Momente romantischer Liebe wach werden - zum Beispiel, wenn sie sich immer wieder Zeit für sich als Paar nehmen und dafür sorgen, dass sie miteinander Schönes erleben.

Die Furche: Sind "Vernunftbeziehungen" haltbarer als das Zusammenleben mit der "großen Liebe"?

jellouschek: Zwischen "Vernunftbeziehung" und "großer Liebe" gibt es ein breites Spektrum von Möglichkeiten. Eine Beziehung, die nur auf Vernunft gegründet ist, wird krisenanfällig bleiben. Wenn man mit seinem Partner auch die große Liebe erlebt hat, kann das in der Tiefe sehr verbindend sein und die Liebe immer wieder neu beleben, wenn man sich gemeinsam daran zurückerinnert. Aber "die große Liebe" allein macht nicht die Qualität einer Dauerbeziehung aus. Manchmal zeigt sich auch, dass jemand "die große Liebe" ist und man trotzdem nicht mit ihm zusammenleben kann - weil für den Alltag vieles nicht zusammenpasst.

Die Furche: Viele Beziehungen scheitern daran, dass sich einer der Partner eingeengt fühlt...

jellouschek: In einer Beziehung muss es beides geben: Raum für das eigene Ich, und Raum für das "Wir". Das heißt: Beides muss miteinander ausbalanciert werden. Gut wirkt sich hier aus, wenn beide Partner ein gesundes Selbstwertgefühl haben, sodass sie sich nicht gleich bedroht fühlen, wenn sie einmal auf etwas zugunsten des anderen verzichten sollen.

Die Furche: Oft gehen Paare nach der Geburt eines Kindes ganz in ihrer Mutter- oder Vater-Rolle auf. Sind Kinder Liebes-Killer?

jellouschek: Nein. Kinder können sehr zur Vertiefung der Liebe beitragen. Aber natürlich muss sich das Gleichgewicht zwischen den Eheleuten neu einspielen, wenn ein Kind kommt. Und das kann krisenhaft sein. Wenn die Kinder viel Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen und auch sonst in der Familie und in den Berufen viel zu tun ist, kann das Paar sich aus den Augen verlieren. Daran sind aber nicht die Kinder Schuld. Die Eltern müssen für sich als Paar Räume und Zeiten einplanen.

Die Furche: Ist sexuelle Untreue für Paare noch ein Trennungsgrund?

jellouschek: Sehr häufig sogar. Die größere Freizügigkeit heute soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass Untreue fast immer große Verletzungen bewirkt und damit zu einer Gefährdung der Beziehung wird.

Die Furche: Was vermag in diesem Bereich die Paartherapie?

jellouschek: Wenn es passiert ist, kann es nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Man kann sich aber mit der Tatsache auseinandersetzen, warum es passiert ist. Die Gründe liegen häufig nicht nur bei dem, der fremd gegangen ist, sondern bei der Art, wie beide Partner zusammengelebt haben. Wenn die Partner miteinander einen Weg suchen, es wieder besser zu machen, kann die Krise auch zu einer neuen Chance werden.

Die Furche: Wann ist eine Paartherapie also sinnvoll?

jellouschek: Dann, wenn beide sie wollen. Die Entscheidung, sich zu trennen oder einen Neuanfang zu versuchen, muss das Paar jedenfalls selber fällen. Meine Aufgabe als Therapeut ist es nur, ihnen beim Finden dieser Entscheidung zu helfen.

Infos: www.hans-jellouschek.de

BUCHTIPP:

WAGNIS PARTNERSCHAFT. Wie Liebe, Familie und Beruf zusammengehen.

Von Hans Jellouschek. Verlag Herder, Freiburg/Basel/Wien 2004. 189

Seiten., geb., e 20,50.

VERANSTALTUNGSTIPP:

Hans Jellouschek im Wiener Kardinal König Haus. Montag, 21. Juni, 19 Uhr. Vortrag: Wie löst man unlösbare Probleme in der Paarbeziehung?

Dienstag, 22. Juni, 9 Uhr. Studientag: Zweitehen, Paarberatung und Paartherapie. Infos: (01) 804 75 93-649.

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