Hoffen auf Spenden zu Weihnachten

Werbung
Werbung
Werbung

Finanzmarktkrise trifft Ärmste doppelt: Hilfsorganisationen beklagen Spendenrückgang um bis zu 20 Prozent und fordern staatliche Hilfe

Diskutiert wird sie schon lange – und nun scheint sie erneut in weiter Ferne: die steuerliche Absetzbarkeit von Spendengeldern. „Finanzminister Wilhelm Molterer hat diese im Rahmen der Steuerreform 2010 fix eingeplant gehabt“, erklärt sein Sprecher Jürgen Beilein gegenüber der FURCHE. „Der finanzielle Spielraum für die Steuerentlastung ist aber unklar“, so Beilein. Die Ursachen: Die Finanzmarktkrise und die Parlamentsbeschlüsse vor der Wahl (Stichwort: Anti-Teuerungspaket), die das Budget mit 2,7 Mrd. Euro (Berechnung Finanzministerium) bzw. 1,4 Mrd. Euro (Berechnung SPÖ) belasten. Und obendrein wird es eine neue Regierung geben.

Dabei drängen Hilfsorganisationen schon seit Jahren auf die Möglichkeit für Großzügige, Spenden steuerlich absetzen zu können – und jetzt noch stärker. Denn viele gemeinnützige Organisationen verzeichnen aufgrund der Wirtschaftskrise einen deutlichen Rückgang an Spendeneinnahmen. Laut „Fundraising Verband Österreich“ sind für das Jahr 2008 Rückgänge zwischen zehn und 20 Prozent zu erwarten. Die Absetzbarkeit von Spenden könnte ein Anreiz für Privatpersonen und Unternehmen sein, wieder mehr Geld für Hilfsbedürftige aufzubringen. Der Rückgang könnte durch diese Maßnahme zumindest teilweise und mittelfristig ausgeglichen werden, hofft der Dachverband von rund 70 spendenwerbenden Organisationen.

„Engagement der Geber endlich anerkennen“

Untermauert wird diese Hoffnung der gemeinnützigen Organisationen durch eine IHS-Studie von 2002: demnach würde die Absetzbarkeit zu einem Spendenzuwachs von mindestens elf Millionen Euro führen. Österreich sei in Bezug auf diese Maßnahme ohnehin Schlusslicht in der EU, beklagen Fachleute. „Es kann nicht angehen, dass die bereits mehrmals versprochene Möglichkeit zur Absetzbarkeit von Spenden bis zum St. Nimmerleinstag verschoben wird“, kritisiert etwa Caritas-Präsident Franz Küberl: Es gehe darum, das uneigennützige Engagement von Millionen Spendern und Spenderinnen endlich anzuerkennen. Küberl mahnt mehr Verantwortung des Staates ein. „In einer Zeit, wo der Staat Sparbücher schützt und darüber philosophiert, ob er nicht Banken wieder teilverstaatlichen soll, gibt es überhaupt eine neue Rolle des Staates, auch in der Sozialpolitik“, sagt Küberl. Die Existenzsicherung der Bürger und Bürgerinnen sei Aufgabe des Staates. Angesprochen auf diese Kritik verweist das Sozialministerium auf die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, für die nur noch eine Zustimmung des Bundeslandes Kärnten ausstehe, so das Büro von Minister Erwin Buchinger. Spätestens Anfang 2010 soll die Mindestsicherung umgesetzt werden. Zuvor wurde stets Anfang 2009 angepeilt.

Der Staat ist laut Hilfsorganisationen auch beim Budget für die Entwicklungszusammenarbeit gefordert. Von den vereinbarten internationalen Zielen sei Österreich weit entfernt, klagen Experten (siehe Seite 6) .

Spendenminus „außergewöhnlich“

Der Spendenrückgang betrifft Hilfsorganisationen unterschiedlich: Die Organisation „Licht für die Welt“ spricht von einem „außergewöhnlichen“ Rückgang, der sich zwischen fünf und zehn Prozent belaufen wird, so Geschäftsführer Rupert Roniger. Es sei das erste Mal seit 20 Jahren, dass Spenden in diesem Ausmaß rückläufig seien. Noch sind aktuelle Projekte nicht gefährdet. An Konsequenzen durch einen nachhaltigen Rückgang will Roniger noch nicht denken. Das Spendenminus sei beunruhigend, aber kein Grund zur Panik, so auch der Tenor anderer Hilfsorganisationen. Besonders wichtig seien die kommenden Monate, sprich die spendenstarke Weihnachtszeit, sagt Tina Vermeer, Sprecherin von SOS-Kinderdorf. Erst dann lasse sich ein realistisches Bild über konkrete Auswirkungen zeichnen. „Die Lage ist ernst, aber SOS-Kinderdorf hat ausreichend Rücklagen, sodass zurzeit noch keine Gefahr besteht, dass Projekte gekürzt werden müssen.“ Zurzeit gebe es einen Spendenrückgang von ca. fünf Prozent. Das sind laut SOS-Kinderdorf rund 400.000 Euro. Mit dieser Summe können 100 Kinder ein Jahr lang in einem Kinderdorf untergebracht werden.

„Besonders wichtig sind die kommenden Spendenmonate um Weihnachten, erst dann lässt sich ein realistisches Bild über mögliche Konsequenzen zeichnen.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung