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Das Symbol des Tages, an dem auch "Hoch die internationale Solidarität" skandiert wird, spricht für sich: Seit dem 1. Mai 1999, als Schubhäftling Marcus Omofuma im Flugzeug nach Sofia erstickte, bleibt diese Parole im Hals stecken. Zumindest gilt ein Jahr danach, dass sich im Lande nicht nur die große Politik verändert hat: Auch die öffentliche Mentalität passte sich der neuen Zeit an - schon Monate vor der schwarz-blauen Regierungsbildung.

Damals war Karl Schlögl, SPÖ, als Innenminister politisch verantwortlich. Auch heute noch antwortet er im "Falter"-Interview auf die Frage, wer - außer den drei Fremdenpolizisten, die Omofuma im Flugzeug "begleitet" und verklebt haben - für diesen Fall verantwortlich sei: "Niemand." Das Verfahren gegen die Polizisten schleppt sich ohne absehbares Ende dahin, das Interesse daran rangiert unter ferner liefen. Ist es zu viel verlangt, dass Einzelne (politische) Verantwortung übernehmen? Aber vielleicht wäre wirklich die Gesellschaft als Ganzes zur Pflicht zu rufen: Ab dem 1. Mai 1999 wurde "Nigerianer" - unter kräftiger Mithilfe eines Kleinformates und einer heutigen Regierungspartei - zum Synonym für "Drogendealer". Als "Humanitätsdilettanten" bezeichnete Kronenzeitungs-Cato am 4. Mai diejenigen, die sich über Omofumas Tod empörten.

Und jener nigerianische Schriftsteller, der in der Hysterie des Mai '99 als "Drogendealer Charles O." in Untersuchungshaft genommen wurde? Drei Monate später wurde er freigelassen. Keine Anklage bis heute. Aber eine ruinierte Existenz.

O. hat seine Geschichte dieser Tage als "literarisches Protokoll" veröffentlicht - der Titel: "Morgengrauen".

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