"Humor steckt überall drin“

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Der Arzt Ronny Tekal ist von der Ordination auf die Kabarettbühne gewechselt. Statt Medikamenten nutzt er heute die heilende Wirkung des Lachens.

Jemand schleppt sich hustend und schniefend in eine Arztpraxis, nimmt dort lange Wartezeiten auf sich, um ein kurzes Gespräch und eine noch kürzere Untersuchung beim Hausarzt in Anspruch zu nehmen und besorgt sich im Anschluss die verschriebenen Medikamente in der nächsten Apotheke. Eine solche Situation ist wohl jedem vertraut, die Lachmuskeln beansprucht sie im Regelfall aber nicht.

Ronny Tekal weiß nur zu gut, wie viel Witz in einem alltäglichen Arztbesuch stecken kann. Seit gut 20 Jahren steht der Allgemeinmediziner als Kabarettist auf der Bühne - als ein Arzt, der aus dem Nähkästchen plaudert und mit Sätzen wie "Im Wartezimmer ist sich jeder selbst der Nächste, bitte!“ den Zuschauerinnen und Zuschauern sein Fachgebiet auf humoristische Art und Weise näherbringt.

Kabarettreifer Ordinationsalltag

Vieles von dem, worüber das Publikum lacht, ist nicht erfunden. Zum Beispiel die durch Studien belegte Tatsache, dass ein Arzt seinem Patienten durchschnittlich nur 18 Sekunden zuhört, bevor er ihn unterbricht. Oder der Umstand, dass nur rund 30 Prozent der Patienten die verschriebenen Medikamente tatsächlich einnehmen. Es sind Alltagsgeschichten aus dem medizinischen Bereich, aber auch "heiße Eisen“ wie die elektronische Gesundheitsakte ELGA, die sich laut Tekal trefflich als Kabarettstoff eignen.

Schon während seines Studiums übt sich Ronny Teutscher, wie er damals noch heißt, als Medizinkabarettist. 1995 schließt er das Studium in Mindestzeit ab, ein Jahr später gründet er gemeinsam mit Norbert Peter, einem Kommunikationswissenschafter, leidenschaftlichen Patienten sowie selbst ernannten "Magister der Hypochondrie“, das Kabarett-Duo "Peter & Teutscher“. Im Herbst 2013 wird sich die Formation in "Peter & Tekal“ umbenennen - wobei sich "Tekal“, der neue Name des medizinischen Kabarettisten, aus den ersten Buchstaben seines ursprünglichen Namens sowie des Namens seiner Frau, Kalkhofer, zusammensetzt.

Wie auch immer sich das Duo nennt: Thematisch geht es meist um die Beziehung zwischen Arzt und Patient - so auch im aktuellen Programm "Patientenflüsterer“. Ziel sei es, so Tekal, typische Kommunikationsprobleme aufzuzeigen und den Patienten die große Angst zu nehmen, die in der Medizin oft geschürt werde.

Die Frage, ob sich Themen wie Krankheit und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient tatsächlich für ein Kabarett eignen, stellt sich für ihn jedenfalls nicht: "Ich bin draufgekommen, dass Humor überall drinnen steckt, man muss ihn nur finden“, stellt er klar. "So ausweglos kann eine Situation gar nicht sein, dass sich nicht noch ein Fünkchen Witz in ihr verbirgt. Man braucht sehr lang, um das zu begreifen.“

Nach der Ausbildung in verschiedenen Wiener Krankenanstalten hat Tekal in drei (mittlerweile geschlossenen) Ordinationen gearbeitet und versucht, die Menschen mit schulmedizinischen Methoden zu heilen. Schlussendlich habe er freilich immer mehr die Erkenntnis gewonnen, "dass die Leute, die sich unser Programm ansehen, davon fast mehr profitieren als von Medikamenten“, ist der 42-Jährige überzeugt. "Wenn sie nach der Aufführung zu mir kommen und sagen: ‚Ich hab‘ seit zehn Jahren nicht mehr so gelacht wie heute Abend‘, dann weiß ich, dass das, was wir machen, eine heilende, therapeutische Wirkung hat. Insofern kann ich guten Gewissens sagen, dass die Leute nach unserem Kabarett gesünder heimgehen als sie hergekommen sind.“

Medizinischer Lebenskünstler

Rund hundert Auftritte absolviert Ronny Tekal mit seinem kongenialen Partner jährlich - nicht nur auf Bühnen in Österreich, sondern auch in Deutschland, Südtirol und der Schweiz. Daneben hält der dreifache Familienvater auch Fortbildungen im Bereich Komplementärmedizin, verfasst medizinische Fachartikel, arbeitet für das Ö1-Gesundheitsmagazin Radiodoktor und schreibt Satirekolumnen für verschiedene Printmedien, u.a. für das auf ganzheitliche Medizin ausgerichtete Magazin lebensweise, in dessen Fachbeirat er auch sitzt (vgl. www.lebensweise-magazin.at). Nicht zuletzt hat Ronny Tekal für die Kindertheatergruppe "Die Stachelbären“ mehrere Musicals geschrieben. "Ich bin ein Allrounder“, bringt er sein berufliches Schaffen auf den Punkt.

Doch was immer dieser Mann auch tut: Der Medizin wird er nie den Rücken kehren, betont der "medizinische Lebenskünstler“, wie er sich selbst bezeichnet: Zurzeit sei er eben "kein aktiver Medizinsportler, sondern eher Sportreporter der Medizin.“

Die vielen Ärztinnen und Ärzte im Publikum würden sich durch seine Form des Kabaretts jedenfalls nicht angegriffen fühlen: "Ja, wir treten ihnen auf den Schlips und halten ihnen einen Spiegel vor“, meint der Medizinkabarettist lächelnd. "Aber die halten den Spiegel meistens ein bisschen schief, dadurch sehen sie nicht sich selbst, sondern den Arzt daneben - und dann lachen sie. Auf jeden Fall funktioniert’s.“

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