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Eine vom Innenministerium in Auftrag gegebene Studie über Integration beherrscht seit zwei Wochen die innenpolitische Debatte. Wie Integration gelingen kann, zeigt das Wiener "Phönix-Institut für Kultur, Bildung und Sport".

Haben Sie schon den Tischtuchtrick gesehen?" Schwarzer Anzug, weißes Hemd, so betreut Bayram Koral einen der insgesamt 75 Informationsstände beim zweitägigen "Wissenschaftsfest der Jugend" im Austria Center Vienna. Bayram ist 15 Jahre alt und führt mit ungebrochener Begeisterung den Besuchern seine "magische Physik" vor. Er legt ein Tuch auf einen Tisch, stellt einen Keramikteller darauf und zieht das Tuch darunter weg. Der Teller bleibt unversehrt am Tisch zurück. "Das ist Physik", lacht Bayram.

Und Integration. Am 20. und 21. Mai fand unter dem Motto "Wissen be-greifen" das "Wissenschaftsfest der Jugend" statt, veranstaltet vom "Phönix-Institut für Bildung, Kultur und Sport". Das von Akin Kurt geleitete Institut wurde vor acht Jahren durch Eigeninitiative von türkischen und österreichischen Eltern als klassisches Nachhilfeinstitut gegründet. Vier von fünf betreuten Kindern haben einen türkischen Hintergrund, einige kommen aus Bosnien, der Rest ist bunt gemischt. Mittlerweile hat sich die gemeinnützige österreichisch-türkische Bildungsinstitution erweitert und neue Aufgabenfelder erschlossen: Phönix versucht, Verständigung, Akzeptanz und Integration in der Gesellschaft zu fördern.

Nicht dumm sterben lassen

Mesut Aslan, der an der Veranstaltung mitarbeitet und Medizin studiert, zeigt sich zufrieden. Die Teilnahme österreichischer Eltern sei groß gewesen, an die 3000 Besucher hätten an den zwei Tagen das Wissenschaftsfest besucht. "Diese Veranstaltung symbolisiert all das, was wir in den letzten Jahren geleistet haben", so der stellvertretende Obmann des Phönix-Instituts Andreas Kucera im Gespräch. Türkische Firmen sind dabei als Sponsoren aufgetreten und haben einen Großteil der Kosten übernommen. Für das nächste Mal gebe es Zusagen von österreichischen Firmen.

Wie aus der aktuell heiß diskutierten Integrationsstudie des deutschen Islamwissenschafters Mathias Rohe hervorgeht, tauchen Sprachprobleme als häufigster Grund für Integrationsprobleme auf. Aber die Ansicht, dass in Österreich lebende Türken nicht an Integration interessiert seien, kann Kucera nicht teilen: "Ich kann nur von den Leuten sprechen, die in unser Institut kommen. Wir haben in etwa 350 Schüler pro Semester. Rechnet man deren Eltern dazu, kann ich nur sagen: Ich kann von Integrationsunwilligkeit nichts spüren. Da trifft das sicher nicht zu. Ganz im Gegenteil."

Warum die Kurse so gut besucht sind? "Mundfunk ist die beste Werbung, gute Reputation ist uns sehr wichtig. Die Eltern wissen, die Kinder sind bei uns gut aufgehoben", kann Kucera auf regen Zulauf zum Nachhilfe-Institut verweisen. Außerdem sind die Preise gestaffelt. "Es sind Preise, die sich die Eltern leisten können." Es gehe darum, Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen, zu der sie ansonsten nicht die Möglichkeit gehabt hätten. Dennoch muss mehr getan werden. "Bildung ist mehr als Hausübung. Und es reicht auch nicht, 300 Stunden Deutschkurs zu machen. Es muss nachher Incentives geben. Ich kann die Leute ja nicht dumm sterben lassen. Aber wenn die Kinder gut Deutsch lernen, gibt's nachher weniger Probleme."

Andererseits bestehe die Schwierigkeit oft darin, dass Kinder mit den Eltern nicht kommunizieren könnten. "Brücken zu bauen zwischen Eltern und Kindern ist uns wichtig, nicht nur zwischen etwa einer türkischen Familie und der Gesellschaft." Neben den Kindern sind daher auch Eltern eine Zielgruppe des Phönix-Instituts. Im Rahmen der Erwachsenenbildung werden in Zusammenarbeit mit dem Integrationsfonds und der ma 17 Deutsch-und Integrationskurse angeboten. In Elternseminaren sollen etwa Bildungs-und Erziehungsfragen gelöst werden. Auch verpflichtende Elternbesuche, zumindest einmal pro Semester, werden durchgeführt. "Wir haben Kinder, die sehr gut sind, aber aus verschiedensten Gründen daheim nicht lernen können. Ein Beispiel: Bei einer Familie läuft der Fernsehapparat den ganzen Tag, das Kind kann nicht ungestört lernen. Ein Vorschlag von uns, zwei Stunden den Fernsehapparat abzudrehen, kann vielleicht schon helfen."

Zwischen zwei Kulturen

Kinder sind durch das Schulsystem stärker in die Kultur involviert, sie sind am Ort, wo Integration passiert oder passieren sollte. Ein maßgebliches Problem sieht Kucera darin, dass diese Kinder oftmals zwischen zwei Kulturen stehen. "Es gibt Fälle, da können türkische Jugendliche ihre Karten nicht ausspielen, weil sie zu schlecht Türkisch sprechen. Ist man zumindest in einer Kultur gut verankert, ist es leichter", analysiert Kucera. "Diese Kinder sind sechs Stunden am Tag in der Schule. Sie lernen dann entweder sehr schnell Deutsch, wobei der Kontakt zu Eltern ohne Deutschkenntnisse darunter leiden kann, oder sie werden frustriert. Wenn man öfter eine negative Erfahrung hat, bleibt das hängen." Türkische Eltern könnten in den Elternvertretungen in den Schulen ihrer Kinder tätig werden, aber viele der Eltern hätten Scheu davor, obwohl einige gut Deutsch könnten. Letztlich sei es wichtig, den Leuten zu helfen und Mut zu machen, sie auf das Leben vorzubereiten. "Wie kann ich auf der Bank ein Konto eröffnen? Wie komme ich auf einem Amt zurecht? Das sind die entscheidenden Fragen für diese Menschen."

Geht es um das Gelingen von Integration, spielen Medien eine nicht unwesentliche Mittlerrolle. "Eine schlechte Nachricht ist die beste Schlagzeile. Gerade hier wäre es notwendig, über geglückte Integration zu berichten", resümiert Kucera.

Auf die Frage hin, was das Beste am Wissenschaftsfest war, überlegt Bayram nur kurz: "Dass Muhammad Akagündüz wirklich zum Fest gekommen ist." Akagündüz ist österreichischer Fußball-Nationalteamspieler türkischer Abstammung, studiert Mathematik und ist für viele in Wien lebende türkische Kinder ein Vorbild, dass "man es schaffen kann".

Infos: www.phoenixinstitut.at

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