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Ist die Zukunft des Otto- Mauer-Preises gefährdet?

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Die Erzdiözese Wien will die Hälfte des Kuratoriums des Otto-Mauer-Fonds austauschen. Es ist zu befürchten, daß die Offenheit für alle Strömungen moderner Kunst bei der Preisvergabe nicht mehr gewährleistet wird.

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Die Erzdiözese Wien will die Hälfte des Kuratoriums des Otto-Mauer-Fonds austauschen. Es ist zu befürchten, daß die Offenheit für alle Strömungen moderner Kunst bei der Preisvergabe nicht mehr gewährleistet wird.

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Heimo Zobernig, Lois Renner, Martin Walde, Christoph Luger, Brigitte Kowanz, Peter Kogler, Gustav Troger - eine Liste international renommierter Künstler österreichischer Herkunft. Gleichzeitig ist dies auch die Liste der Otto-Mauer-Preisträger der letzten sieben Jahre. Daß die Reihe in den nächsten Jahren möglicherweise nicht mehr entsprechend fortgesetzt wird, dafür gibt es bedauernswerte Anzeichen.

Alljährlich entscheidet im Oktober das Kuratorium des Otto-Mau- er-Fonds aufgrund des Vorschlages einer wechselnd zusammengesetzten Jury unter Vorsitz von Günther Rombold über die Vergabe diese Preises in der Höhe von 100.000 Schilling an einen bildenden Künstler. Seitens der Erzdiözese Wien würde nun versucht — so der stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende Gernot Eder — , Einfluß auf die Zusammensetzung des Kuratoriums zu nehmen.

Weihbischof Christoph Schönborn, den Kardinal Hans Hermann Groer als für Kunst und Wissenschaft zuständigen Weihbischof an seiner statt an die Spitze des Kuratoriums entsandt hat, habe anläßlich einer Kuratoriumssitzung im Mai die Aufnahme des Kunsthistorikers Matthias Boeckl äristelle eines ausscheidenden Kuratoriumsmit- gliedes vorgeschlagen, was die Zustimmung des Kuratoriums gefunden habe. Gleichzeitig habe das Kuratorium anstelle des verstorbenen Juristen Günther Dallinger die Aufnahme des Linzer Kirchenrechtlers

H. Kalb beschlossen und außerdem die Wiederbestellung der bisherigen Kuratoriumsmitglieder für eine nächste Funktionsperiode von vier Jahren ab Oktober 1994. Durch den Kuratoriumsvorsitzenden Weihbischof Schönborn sei aber weder eine Bestätigung von Kalb noch eine Wiederbestätigung der bisherigen Kuratoriumsmitglieder erfolgt.

Ende Juli habe Weihbischof Schönborn seinem stellvertretenden Vorsitzenden Eder in einem Gespräch mitgeteilt, daß er als aktiver Vorsitzender selbst Vorschläge fürs Kuratorium machen wolle und eine Verjüngung des Kuratoriums anstrebe. Auf Befragen nannte er zehn Personen, vorwiegend Kunsthistoriker und Museumsleute, die an die Stelle bisheriger zehn Kuratoriumsmitglieder treten sollten. Bei der Kuratoriumssitzung im kommenden Oktober sollte dann das bisherige Kuratorium seine Zustimmung zu diesen Personalvorschlägen erteilen.

In dem Schenkungsvertrag, durch den Prälat Karl Strobl die Kunstschätze seines Freundes Otto Mauer der Erzdiözese überlassen hat, verpflichtet sich diese, jährlich eine bestimmte Summe dem Otto- Mauer-Fonds zur Verfügung zu stellen. Der im Jahr 1980 gegründete Otto-Mauer-Fonds soll im Geiste des Künstler-Priesters und Dompredigers Otto Mauer dem Gespräch der Kirche mit Vertretern von Kunst und Wissenschaft dienen. Ein zwanzigköpfiges Kuratorium vertritt die Idee des Fonds, sein Vorsitzender ist der Erzbischof, stellvertretender Vorsitzender ist gleichzeitig der Vorsitzende des Vorstandes, der die laufenden Geschäfte führt.

Üblicherweise erfolgte die Neubestellung eines Kuratoriumsmitgliedes bisher auf Antrag nach Vorliegen von Lebenslauf und Begründung des Bezuges zu den Zwecken des Otto-Mauer-Fonds. Auch wurde die Zustimmung des Betroffenen eingeholt. Laut Fondsstatut ist also das Kuratorium und nicht der Erzbischof berechtigt, neue Kuratoriumsmitglieder vorzuschlagen, dem Erzbischof steht aber selbstverständlich ein Vetorecht zu. Mit der Neubestellung von Kuratoriumsmitglie

dern hat Weihbischof Schönborn wohl die Macht, nicht aber das Recht auf seiner Seite.

Nicht nur die Desavouierung des jahrelangen Engagements katholischer Laien in den Bereichen von Kunst und Wissenschaft ist bemerkenswert, es steht auch zu befürchten, daß mit dem Austausch der Hälfte der Kuratoriumsmitglieder keine Gewähr mehr gegeben ist, daß bei der Preisvergabe die bisherige Offenheit für alle Strömungen moderner Kunst auch weiterhin beibehalten wird.

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