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Die Griechen gaben Korsika zu Recht den Namen "Kalliste" - die Schönste. Die landschaftliche Vielseitigkeit der Insel überwältigt die Besucher.

Ein unbeschreiblich ange-nehmer Duft umhüllte uns während unserer Küstenwanderung am Cap Corse. Für den konzertanten Background sorgten unzählige Zikaden, da und dort enteilten grünlich schimmernde Eidechsen, durch unsere Schritte aufgeschreckt. Zur Rechten lag ein durch die Flut in Bewegung geratenes blaues, weites Meer, das in Küstennähe vielfach in diverse Grüntöne überging und mit seinen traumhaft schönen Buchten uns immer wieder in Euphorie versetzte.

Schon vor 2.500 Jahren wussten die Griechen die Einmaligkeit der Insel in vielen Belangen zu schätzen und erteilten ihr zu Recht den Namen "Kalliste" - die Schönste. Die landschaftliche Vielseitigkeit Korsikas präsentiert sich dem Touristen auf engstem Raum, so dass langwierige Transfers von vornherein wegfallen. Gipfelsturm und anschließendes Relaxen am Meer lassen sich daher problemlos an einem Tag verwirklichen.

Asymmetrie der Landschaft

Ein Hochgebirgsstrang, der diagonal die Insel durchzieht, sorgt auf Grund seiner unterschiedlichen Abdachungen für eine ausgeprägte asymmetrische Landschaftsgestaltung, die einerseits den Westen durch Steilabbrüche zum Meer auszeichnet, andererseits aber im Osten, wo Lagunen und Strandseen die Küste beherrschen, in einem gemächlicheren Übergang zum Ausdruck kommt.

Wer sich für den Weitwanderweg GR 20 entschlossen hat, der eine Begehung dieser wilden Gebirgswelt zwischen Calenzana und Conca in etwa 14 Tagen ermöglicht, muss nicht nur gut zu Fuß sein und über ausreichende Bergerfahrung verfügen, sondern auch bereit sein, als Lastenträger zu agieren, denn Langzeitverpflegung und Zelt lassen den Rucksack zu einem 15 bis 20 Kilogramm schweren Koloss anwachsen. Talzugänge von allen Seiten machen es möglich, einzelne Gipfel sich auch separat vorzunehmen. Obwohl die Bergstraßen oftmals Pisten gleichen, ihre Linienführungen manchmal spektakulär sind und Auto wie Fahrer jedes Mal einer harten Prüfung unterzogen werden, ist man dankbar für jeden gefahrenen Höhenmeter. Trotzdem sind für eine Tour auf den Monte Cinto, der mit 2.710 Metern die höchste Erhebung der Insel darstellt, mindestens sieben Stunden einzuplanen. Mit einer Inselüberschau, von Küste zu Küste, die die rundumliegenden Berge des Hauptmassivs, wie Paglia Orba und Monte Rotondo, mit einbezieht und die vielen Gemeinsamkeiten mit unserer alpinen Formenwelt deutlich werden lässt, wird man belohnt. Beim Abstieg sollte man an den vielen zur Erfrischung einladenden Gumpen auf keinen Fall vorübergehen, denn diese oft gar nicht so kleinen Naturpools lassen einen rasch all die Mühen und Strapazen des Tages vergessen.

Die Popularität und das touristische Anziehungsvermögen Bonifacios sind zweifelsohne in der Grandiosität seiner Lage begründet, die es auch zur Königin unter den korsischen Städten gemacht hat. Eine aus bis zu 65 Meter hohen, jäh zum Meer abbrechenden Kreideklippen bestehende Halbinsel, nahe der Südspitze Kosikas, bereits mit Sichtkontakt zum benachbarten Sardinien, bot beste Voraussetzungen zur Anlage dieser einst befestigten Stadt.

Schwalbennester

Die Häuser der Altstadt kleben zum Teil wie Schwalbennester so hart am Klippenrand, dass man meinen könnte, sie müssten hinunterstürzen. Äußerst enge Gassen, die für die Sonne kaum erreichbar sind, trennen die mehrgeschoßig aneinander gepferchten Unterkünfte. Das farbenfrohe und "aufgemascherlte" Ambiente der ebenerdig liegenden Geschäfte und Lokale ist nur fürs Erste in der Lage, über die desolaten Wohnverhältnisse darüber gelegener Etagen hinwegzutäuschen. Vom malerisch, in geschützter Position an der Westseite der Halbinsel gelegenen Hafen führt eine mit reichlich Blumenschmuck versehene Treppe von der Unter- zur Oberstadt. Mit jedem Schritt nach oben eröffnen sich neue, interessante Perspektiven und teilweise sogar atemberaubende Tiefblicke. Man muss die Pfade, die zum Meer hinunter führen, benutzt haben, um sich eine solide Vorstellung vom Kräfteverhältnis zwischen Meer und Festland machen zu können. Der Klippenweg am Leuchtturm vorbei zum Capo Pertusato erschließt detaillierte Einblicke in die Vielfalt der marinen Erosionsformen, mehr Felsnähe kann nur noch eine Bootsfahrt mit sich bringen, wenn sogar die eine oder andere Grotte befahren wird.

Wer dem Trubel der vom Massentourismus geprägten Orte südlich der Linie St. Florent - Bastia entfliehen möchte, kommt in den idyllischen Bergdörfern des Landesinneren voll auf seine Rechnung. Hier scheint die Zeit seit Jahrzehnten still zu stehen, Stress, Lärm, Zeitdruck sind weit weg. Hohe Abwanderungsquoten führten zu einer starken Überalterung der Bewohner, die begreiflicherweise längere Zeit einer Ortsbildveränderung reserviert gegenüberstanden. Der in den letzten Jahren immer intensiver werdende sanfte Tourismus bewirkte jedoch mehrheitlich ein Umdenken, was an der häufigen Adaptierung alter Baustrukturen, dem gesteigerten Interesse an Blumenschmuck sowie an der Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit dem Fremden gegenüber deutlich zu erkennen ist. Spaziergänge durch Eichen- und Kastanienwälder sind reizvoll, speziell dann, wenn die Wege zu ausgesprochenen Kraftorten führen, wie beispielsweise zu der aus dem 16. Jahrhundert v. Chr. stammenden Torreanerburg Cucuruzzu.

Baldachine aus Felsen

Die kleine Hafenstadt Porto eignet sich bestens, der Calanche, deren Bekanntheit ihrer Tafonifelsen wegen weit über die Grenzen Korsikas hinausreicht, einen Besuch abzustatten. Phantasievollen Leuten fällt es leicht, in die unzähligen Felsgebilde, die zwischen Piana und Porto landschaftsbestim-mend sind, ein bestimmtes Objekt hineinzuinterpretieren. Interessanterweise sind die Temperaturgegensätze zwischen der Gesteinsoberfläche und den tieferen Gesteinspartien des hier dominierenden Granit- und Porphyrgesteins dafür verantwortlich, dass es zur Durchlöcherung im Fels und zur Abschuppung kommt. Klarerweise spielen auch die Niederschläge und somit die chemischen Reaktionen bei den Verwitterungsgeschehnissen eine nicht unwesentliche Rolle. Sobald das Wärmegefälle im Gestein abnimmt, findet auch der Abschuppungsprozess ein Ende. Wenn der Verwitterungsfraß sich an überhängenden Felsen ver-beißt, entstehen baldachinähnliche Überdachungen. Jede Tageszeit oder Himmelsbedeckung verschafft den Felsformationen ein anderes Aussehen, taucht den Porphyr in andere Rottöne.

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