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Was Josef Pröll von Karl-Heinz Grasser unterscheidet, was er uns mit seiner und rund um seine Budgetrede sagen wollte, und warum es - gerade angesichts der Ereignisse der letzten Wochen - Grund zu Skepsis und Zweifel gibt.

Finanzminister Josef Pröll war es nicht vergönnt, seine erste Budgetrede mit der Kunde von einem "sanierten Budget" zu eröffnen, wie weiland sein schillernder Vorgänger. Das ist in der Sache natürlich schmerzlich, wenn auch angesichts der dramatischen Wirtschaftslage nicht verwunderlich. Unabhängig davon ist Pröll freilich - und das spricht für ihn - auch die gnadenlose Selbstvermarktung und -inszenierung à la KHG fremd. "Weg mit dem Speck" und dergleichen Sinnsprüche kämen ihm wohl auch unter anderen ökonomischen Rahmenbedingungen nicht über die Lippen.

Altlasten & neue Schulden

Zurecht aber erinnerte Josef Pröll im ZIB 2-Gespräch am Ende seines "großen" Tages daran, dass es in den Jahren 2000 bis 2006, also zu Zeiten von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Finanzminister Karl-Heinz Grasser, zu einer Wende in der Budgetpolitik, sprich einer Abkehr von der Schuldenpolitik früherer Jahre gekommen war. Diese Wende war schon auf bewusstseinsmäßiger und symbolischer Ebene wichtig, auch wenn sie nicht so glorios ausfiel, wie die Protagonisten das gerne darstellten und das berüchtigte "Nulldefizit" nur einmal glückte. Und ebenso zurecht wies Pröll darauf hin, dass wir uns halt jetzt, in diesen "alles andere als gewöhnlichen Zeiten" (© Pröll) leichter täten, wenn wir den neuen Schuldenberg nicht auf einem noch aus den angeblich "goldenen" 70er Jahren herrührenden beachtlichen Sockel aufhäufen müssten.

Aber diese Dinge hört heute niemand mehr gern - und der Zufall kam dem Mainstream der öffentlichen Meinung insofern zupass, als just am Tag der Budgetrede auch Grassers Meinl-Geschichten (anlässlich der Zerschlagung der Ex-Meinl-Firma Power International) sowie die gegen Grasser erstattete anonyme Anzeige erneut zum Thema wurden: Man schlägt - vielfach zu Recht - den Sack (Grasser) und meint den Esel (Schüssel bzw. sein Projekt einer konservativ-liberalen Regierung).

Das klingt stark nach "Schnee von gestern". Aber der politische Wettstreit entscheidet sich eben auch ganz wesentlich an der Frage der Definitionshoheit über die Geschichte. Wer sie errungen hat, kann in der Gegenwart souveräner agieren und hat für die Zukunft die besseren Karten.

Zu dem Verweis auf die Vergangenheit passen die Markierungen, die Pröll für die Zukunft zu setzen versucht. Das Substrat von Prölls Budgetrede und seinen diversen Stellungnahmen in deren Umfeld lautet: Wir dürfen das Kind der Marktwirtschaft nicht mit dem Bad der Krisenbekämpfung ausschütten. Und: Was wir jetzt tun, tun wir nicht gerne, sondern weil es im Moment dazu keine Alternative gibt - aber nach der Krise muss das Aufräumen beginnen, nicht zuletzt im Hinblick auf eine gesamteuropäische stabilitätsorientierte Wirtschafts- und Währungspolitik.

Das alles klingt grundvernünftig - und gerade das in dieser Regierung nicht selbstverständliche Bekenntnis zur Europäischen Union, das ja immer auch eine Selbstverpflichtung bedeutet, ist von hohem Wert. Ob und inwieweit das alles nur Rhetorik ist, wie manche Kommentatoren befürchten, wird die Zukunft weisen. Vorerst explodieren einmal die Schulden, und dass Pröll schon konkrete Vorstellungen hat, wie er diese Entwicklung dereinst wieder in den Griff bekommen könnte, darf tatsächlich bezweifelt werden. Ein bescheidener Trost mag allenfalls sein, dass er damit unter seinen Amtskollegen in Europa und weltweit nicht alleine dasteht.

Der Ruf nach mehr Geld

Der Streit mit den Lehrern hat ja nicht nur einen Vorgeschmack auf künftige ähnliche Auseinandersetzungen gegeben. Er hat auch einmal mehr gezeigt, wie in Österreich Probleme "gelöst" werden: indem sich an Inhalten bzw. Strukturen genau gar nichts ändert, dafür aber Budgetmittel umgeschichtet werden oder überhaupt einfach mehr Geld ins System gepumpt wird. So wird bei uns seit jeher der politmediale Komplex in Schwung gehalten - Sanierung der Republik lässt sich freilich auf diese Weise keine zuwege bringen.

* rudolf.mitloehner@furche.at

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