entwicklung - © Florian Zwickl ( unter verwendung von iStock / A-Digit)

Kinderpsyche: „Angst kann ein gefährlicher Feind werden“

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Mobbing, Zurückweisung und Überforderung können Phobien begünstigen, erzählt der Psychologe Oswald Kothgassner.

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Mobbing, Zurückweisung und Überforderung können Phobien begünstigen, erzählt der Psychologe Oswald Kothgassner.

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In Zeiten der Krisen sind Ängste bei Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Der medizinische Forscher und Psychologe Oswald Kothgassner erzählt im FURCHE-Gespräch über die Bedeutung von Angst bei Kindern, über ihre Merkmale und ihre Konsequenzen im späteren Leben.

DIE FURCHE: 29 Prozent der Eltern, die vom Sozialforschungsinstitut SORA befragt wurden, geben an, ihre Kinder möchten nicht mehr zur Schule gehen. Wie kommt es zu Schulangst?

Oswald Kothgassner: Kinder und Jugendliche erleben unterschiedliche Ursachen, durch die sie Schulangst empfinden. Schüler mit Sozialphobie sind beispielsweise prädestiniert dafür. Die Angst zur Schule zu gehen, ist auch oft mit Mobbing, Zurückweisung und Überforderung verbunden. Aber auch Probleme in der Familie projizieren sich häufig in die Schule hinein. Gerade heute durch die aktuelle Inflation sind viele Menschen zusätzlich gestresst. Wohlstandsverlust, sinkende Haushaltsbudgets und Existenzängste der Eltern sorgen oft für Konflikte im Haushalt und wirken sich meistens auch auf die Kinder aus. Zurzeit leiden sehr viele Kinder unter Ängsten.

DIE FURCHE: Schulangst ist keine psychiatrische Diagnose per se. Kann man dann überhaupt von etwas pathologischem sprechen?

Kothgassner: Sie ist zwar keine Diagnose an sich ist, kann aber Teil einer Erkrankung sein. Was wir Schulangst nennen, beschreibt mehrere Phobien, die in Verbindung mit der Schule auftreten. Dabei kann es sich beispielsweise um soziale Ängste, um Leistungs- oder Versagensängste handeln, wobei gerade letzteres stark mit dem Selbstwertgefühl eines Kindes zusammenspielt.

DIE FURCHE: Momentan weisen einige Kinder und Jugendliche auch viele andere psychische Belastungen auf. Das zeigen viele internationale und nationale Studien, wie beispielsweise die viel zitierte Studie der Donau-Universität Krems.

Kothgassner: Genau. Gerade jüngere Kinder verbringen nun schon einen großen Teil ihres bisherigen Lebens mit Pandemie, Krieg und Klimakrise. Das führt zu einer großen zusätzlichen psychischen Belastung für Kinder und Jugendliche. Das war zwar auch schon vor 2019 so, aber die Pandemie hat viel Benzin ins Feuer gegossen. Jetzt sehen wir umso deutlicher, wo es schon vorher Probleme gegeben hat: in der psychosozialen Versorgung, aber auch im Bereich der Schule. Die Problematik betrifft eine ganze Reihe von Gruppen, also von den Kinder- und Jugendpsychiatern über die Kinderpsychologen bis hin zu Lehrkräften und Eltern. Da braucht es neben mehr Personal eine bessere Vernetzung, bessere Strukturen, weniger Bürokratie und mehr Austausch.

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