Kirche und Parteien im Gespräch

Werbung
Werbung
Werbung

Einen Mangel an Gesprächsveranstaltungen kann man zur Zeit schwerlich beklagen. Alles, was kein Konzert ist und dennoch ein Mikrophon braucht, ist in Gefahr, "Dialog" genannt zu werden, "Dialog für Österreich" gar. Für die Salzburger Veranstaltungsreihe "Parteien und Katholische Kirche im Gespräch" ist dieser Titel jedoch gut gewählt. Denn wenn sich Kirche und Parteien ihrer gemeinsamen Anliegen, ihres Verhältnisses zueinander und ihrer Unterschiede vergewissern, ist das über die Kirche hinaus von Bedeutung.

Dialog als Schule des Gehörs: Es war ein braungebrannter Jörg Haider, konservativ gestylt im Zweireiher, der wohlgelaunt seine "Dialogpartnerschaft" anbot. Zugleich bedauerte er, daß sich in der Kirche eine "Abwehrfront" gegenüber den Freiheitlichen gebildet habe. Er wolle die Kirche nicht umarmen, sagte Haider. Aber er wolle wissen, ob man die Kurskorrektur freiheitlicher Programmatik hin zu einem "Christentum, das seine Werte verteidigt", wohlwollend registriert habe.

Es ist ein beinahe musikalisches Phänomen: Man versteht erst, wenn man auf Ton und Töne achtet: Obertöne, Mißtöne, Zwischentöne, Gleichklang. "Das sind heute die obersten Register", bewertete Generalvikar Helmut Schüller die perfekte Performance des FPÖ-Chefs, der genau weiß, was eine Diskussion mit Kirchenvertretern von einem Wahlkampfauftritt im Bierzelt unterscheidet. Schüller hatte in seinem Referat versucht, auf bedenkliche Zwischentöne aufmerksam zu machen. Was ist etwa die Betonung der Würde aller Menschen wert, wenn es im selben Parteiprogramm heißt: "Österreich zuerst!"? - Der Teufel sitzt im Detail.

Die bisherigen Veranstaltungen haben sich stark voneinander abgehoben. Nach Haiders Buhlen um katholische Sympathie ließen sich Heide Schmidts Liberale auf kein Liebeswerben ein. Schmidt bekräftigte ihre bekannten Forderungen: Trennung von Kirche und Staat, Ethik- statt Religionsunterricht, Konkordatsdebatte. Anders als in der tagespolitischen Auseinandersetzung blieb freilich Zeit, Hintergründe und Mißverständnisse anzusprechen. So konnte klargestellt werden, daß Liberalen keine Kruzifixe von Schulwänden reißen, sich aber gegen jede diesbezügliche staatliche Verordnung wenden. Eine Nuance, gewiß, aber eine wichtige. Für das LIF gründet der Staat in der Vernunft; Glaube hat dort nichts zu suchen.

In der Begegnung zwischen Kirche und Sozialisten wiederum wurde deutlich, daß es trotz der erfolgreichen Aussöhnung der Ära Kreisky/König keineswegs an Diskussionsstoff mangelt. Wenn Caritas-Präsident Landau der Partei im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik den Verlust des sozialen Fingerspitzengefühls vorwirft, ist das eine Rede mit Gewicht. Und die von Bundeskanzler Klima vorgeschlagene "Wertegemeinschaft" konnte nicht verhindern, daß man sich etwa in der Familienpolitik heftig in die Haare geriet.

Die Diskussionen zeigen es deutlich: Die Kirche würde sich mißverstehen, sähe sich sich als einen Verein von Tugendbolden, der vom äquidistanten Niemandsland aus alle anderen an ihrer Wahrheit und ihren Werten mißt. Sie steht mitten in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung und hat sich im Streit zu bewähren. Praktisch alle politischen Überzeugungen sind auch im Inneren der Kirche zu finden. Wer die katholischen Getreuen Haiders kirchliche Romtreue einmahnen gehört hat, weiß, wovon die Rede ist. Nur zu berechtigt daher die Anfrage Heide Schmidts, ob die Kirche neben dem "Dialog für Österreich" den Dialog im Inneren wirklich zu führen bereit ist.

In der Begegnung zwischen Kirche und Politik wird von neuem klar, wie gut der Unterschied ist. Die kirchliche Lehre ist nicht dazu da, politische Handlungsmuster vorzugeben - und ein Parteiprogramm soll besser nicht danach bewertet werden, wie oft es von Gott spricht. Nur so kann eine politisch wache Kirche dort, wo es nottut, ihr prophetisches Wort sprechen. - Dialog als Schule des Gehörs: Man darf gespannt sein, welche Töne bei den noch ausstehenden Gesprächen mit Schwarz und Grün zum Klingen kommen.

Studientage: Kath. Kirche & ÖVP im Gespräch Freitag, 12. Juni, 10.00 bis 17.30 Uhr Kath. Kirche & Die Grünen im Gespräch Mittwoch 24. Juni, 10.00 bis 17.30 Uhr Ort: Bildungshaus St. Virgil A-5026 Salzburg, Ernst-Grein-Str. 14, Tel. 0662/65901

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung