Klon-Streit der Konfessionen

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Der Entwurf des Justizministeriums für eine Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes erhitzt die Gemüter. Vor allem das darin vorgesehene totale Klonverbot scheidet die Geister - auch in den christlichen Kirchen.

Die verbalen Geschütze, die aufgefahren wurden, waren schwer: Christian Kopetzki, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien und Mitglied der Bioethikkommission der Bundesregierung, sprach von einer "Nacht- und Nebelaktion". Sein Kommissionskollege, der evangelische Theologe Ulrich Körtner, zugleich auch Vorstand des Wiener Instituts für Ethik und Recht in der Medizin, sah im Standard sogar "Trojanische Pferde" am Werk.

Was war es, wogegen die beiden Wissenschafter zu Felde zogen? Ein unscheinbarer Paragraf: Im Jänner dieses Jahres hatte das Justizministerium einen Entwurf zur Novellierung des österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetzes von 1992 präsentiert. Wie von allen Experten und Parteien gefordert, sollte - vor allem im Interesse von Krebspatienten - die einjährige Aufbewahrungsfrist für Samen, Eizellen und Embryonen verlängert werden.

Tatsächlich sieht der Gesetzesentwurf vor, die Aufbewahrungsfrist bis zum 50. Lebensjahr der betroffenen Person auszudehnen. Doch das Justizministerium geht noch weiter: So soll laut § 9 in Hinkunft das "Herstellen entwicklungsfähiger Zellen durch Klonen" unzulässig sein. Damit wäre in Österreich nicht nur das (unisono geächtete) reproduktive Klonen, sondern auch das umstrittene "therapeutische" Klonen verboten (das mangels eindeutiger Heilungsperspektiven oft als Forschungsklonen bezeichnet wird).

Was für die zuständige Referentin im Ministerium, Gudrun Dürrigl, nur eine "Klarstellung dessen ist, was derzeit schon gültig ist und der Haltung Österreichs im internationalen Bereich entspricht", sorgt bei Kopetzki und Körtner für böses Blut. "Was mich stört ist, dass man so tut, als wäre ohnehin alles klar und international konzertiert", ärgert sich Christian Kopetzki gegenüber der Furche. Gerade das jüngste Scheitern eines weltweiten umfassenden Klonverbots auf UNO-Ebene habe gezeigt, dass es diesen internationalen Konsens im Bereich des "therapeutischen" Klonens nicht gäbe. Darüber hinaus bezweifelt Kopetzki auch die Verfassungskonformität des Gesetzesentwurfs: "So lange man keine massiven Gründe gegen diese Technik anführen kann, berührt ein Verbot die grundrechtlich garantierte Forschungsfreiheit."

Auch Ulrich Körtner nimmt sich in seiner Kritik kein Blatt vor den Mund: "Ich finde es einfach unseriös, dass man eine so gravierende Weichenstellung en passant im Rahmen einer kleinen Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes behandeln will." Dass trotz nicht abgeschlossener Debatten - etwa auch in der Bioethikkommission - bereits ein gesetzliches Verbot des "therapeutischen" Klonens vorbereitet wird, führt Körtner in einem Standard-Gastkommentar unter anderem auf den "massiven, keineswegs immer segensreichen Einfluss der römisch-katholischen Kirche und ihrer Vorfeldorganisationen auf Österreichs Biopolitik" zurück. Statt das Gespräch mit anderen Kirchen zu suchen, würde die katholische Kirche - etwa durch die Unterstützung der Parlamentarischen Bürgerinitiative der "Aktion Leben" für ein umfassendes Klonverbot - stets Fakten schaffen, kritisiert Körtner.

Darauf angesprochen, schlägt Günter Virt, katholischer Moraltheologe und ebenfalls Mitglied der Bioethikkommission, den Ball zurück: "Es gibt auch in der evangelischen Kirche im deutschen Sprachraum mehrere Auffassungen." Wenn es interkonfessionelle Diskussionen geben sollte, müssten jedenfalls alle Kirchen eingebunden sein. "Aber da kommen wir auf keinen grünen Zweig, das haben wir schon im Sozialwort festgestellt." Für Virt - wie auch für die österreichische Bischofskonferenz und die "Aktion Leben" - ist der Gesetzesentwurf des Justizministeriums grundsätzlich eine wünschenswerte Verdeutlichung eines bereits impliziten Klon-Verbotes. Wenn das Herstellen von Klonen nicht verboten werde, sei dies der erste Schritt zur verbrauchenden Embryonenforschung, warnt Virt. "Und in Österreich wollen wir das nicht - aus guten Gründen."

Nicht nur die christlichen Kirchen sind hinsichtlich der Gesetzes-Novelle gespalten. Auch durch die Ministerien zieht sich der Dissens: Während für das von Elisabeth Gehrer (VP) geführte Wissenschaftsministerium das angedachte Klonverbot "mit der national und international vertretenen Haltung Österreichs in Einklang" steht, hat sich das Gesundheitsministerium unter Maria Rauch-Kallat (ebenfalls VP) in seiner Stellungnahme gegen ein absolutes Klon-Verbot zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen. Dafür soll reproduktives Klonen strafrechtlich - und nicht nur, wie derzeit vorgesehen, mit einer Verwaltungsstrafe von 36.000 Euro - sanktioniert werden.

Zumindest auf diesen Punkt könnten sich die Ressortleiterinnen rasch einigen. Alles andere steht - bis zur Beschlussfassung im Ministerrat - zur Disposition.

Die Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf können auf www.parlament.gv.at unter Parlamentarisches Geschehen/

Begutachtungsverfahren/Ministerialentwürfe/nach Ministerien/Justizministerium eingesehen werden.

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