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Südkoreanische Forscher haben bewiesen, dass "therapeutisches" Klonen beim Menschen möglich ist - und damit allen Scharlatanen die Anleitung zum Baby-Klonen frei Haus geliefert.

Es hätte noch schlimmer kommen können - dann, wenn Woo Suk Hwang seine Hiobsbotschaft nicht vergangenen Donnerstag in Seattle verkündet hätte, sondern erst tags darauf, am Freitag, den 13. Zumindest die dunklen Deutungen der Hellseherzunft bleiben uns folglich erspart. Nicht das Schicksal ist also schuld daran, dass erstmals Stammzellen aus geklonten, menschlichen Embryonen entstehen konnten - und damit der erste Beweis für die Möglichkeit des so genannten "therapeutischen" Klonens gelang. Die Zutaten sind viel simpler gestrickt: technische Raffinesse, unstillbarer Forscherdrang - und das Fehlen rechtlicher Schranken.

Im Forscherteam um den Tiermediziner Hwang von der National University in Seoul waren diese Ingredienzien reichlich vorhanden. Insgesamt 242 Eizellen - von 16 jungen Frauen ohne Bezahlung gespendet - hatten die Klon-Pioniere zur Verfügung, um sie zu bearbeiten: Sie entfernten die Kerne der Eizellen, auf denen die Erbinformation gespeichert ist, ersetzten sie durch Körperzellen derselben Frauen und regten das Gebilde durch eine Nährlösung zur Teilung an. Ein Kunststück, das der US-Firma Advanced Cell Technology (ACT) schon im Jahr 2001 gelungen war - wenngleich ihre Klone das Achtzellstadium nicht überlebten.

Die südkoreanischen Forscher schafften es dagegen, durch ihren üppigen Eizellen-Vorrat und ein besonders schonendes Verfahren 30 Klone bis ins Blastozysten-Stadium (rund 200 Zellen) hinüberzuretten; aus einem dieser Klone konnten Hwang und Co. schließlich Stammzellen gewinnen und sie - um ihre Pluripotenz und damit ihre "Echtheit" zu dokumentieren - in primitive Nervenzellen und Muskelzellen differenzieren. Die Behandlung von Krankheiten wie Diabetes oder Alzheimer durch Zelltransplantation sei also möglich - wenn auch erst in zehn Jahren, so Hwang. Und noch etwas stellte der Klon-Pionier vor versammelter Weltpresse fest: "Unser Ziel ist es nicht, Babys zu klonen". Folglich wolle er bei den Vereinten Nationen in New York die Meinungsbildung für eine Anti-Klon-Konvention fördern.

Eine Aussage, die an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten ist:

* Tatsache ist, dass das von Hwang vorexerzierte "therapeutische" Klonen und das von ihm verteufelte reproduktive Klonen das selbe Zwischenprodukt besitzen: Ob der geklonte Embryo in einer Gebärmutter zu einem Menschen (oder wie 1996 zum Klonschaf Dolly) heranreift oder in der Petrischale nach der Entnahme von Stammzellen zugrunde geht, hängt nur von den Gutdünken der Forscher ab. Mit ihrer Publikation in der Online-Ausgabe von Science haben die Südkoreaner also nolens volens auch das Verfahren zum Baby-Klonen öffentlich zugänglich gemacht. Klonphantasten wie Severino Antinori oder die irrlichternde Raelianer-Sekte werden sich herzlich bedanken.

* Darüber hinaus birgt das beim "therapeutischen" Klonen gezüchtete Ersatzgewebe unwägbare Risiken: Der Zellkern, der zuvor einer Körperzelle entnommen wurde, muss in das Embryonalstadium reprogrammiert werden - ein Vorgang, der meist mit zahllosen Fehlern behaftet ist. Nicht durch Zufall starb Schaf Dolly vor der Zeit. Zum anderen könnten bei Alzheimerpatienten zwar vielleicht zerstörte Nervenzellen ersetzt werden. Eine Heilung ist aber nicht möglich.

* Schließlich öffnet das "therapeutische" Klonen dem Eizell-Handel Tür und Tor. Eine Folge, vor der vergangenen November ein afrikanischer UN-Vertreter - vor dem Scheitern eines weltweiten, umfassenden Klon-Verbots - gewarnt hatte: Vor allem Frauen aus Entwicklungsländern könnten "die neuen Meerschweinchen" der Forschung werden. Dennoch entschieden sich die UN-Mitgliedsstaaten mit 80 zu 79 Stimmen für eine Verschiebung der Verhandlungen um ein Jahr. Seit der Hiobsbotschaft vom 12. Februar ist nun ein globales Verbot des reproduktiven und des technisch identen "therapeutischen" Klonens in weite Ferne gerückt: Allzu viele Staaten werden die Entwicklungen im Hause Hwang interessiert verfolgen.

Derweil können Antinori und die Raelianer das Klon-Rezept auf Science gründlich studieren. Die Frage ist also nicht mehr, ob ein Menschenklon das Licht der Welt erblickt. Die Frage ist nur noch: wann. Vielleicht sogar an einem Freitag, den 13.?

doris.helmberger@furche.at

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