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Frauen erzählen keine Männerwitze. Was sehr dafür spricht, dass sie Humor haben. Das gilt nicht für Frauen, die Frauenwitze erzählen. Frauenwitze kehren jene Klischees, mit denen Männer in Männerwitzen operieren, einfach um und werden deshalb von manchen für einen Beitrag zur Gleichberechtigung der Geschlechter gehalten, wo sie in Wahrheit männliche Machtdemonstration kläglich imitieren. Elisabeth Vera Rathenböck definiert in ihrem neuen Buch "Herbarium des Präsens" das "Damenkränzchen" nicht zuletzt als eine Einrichtung, bei der "Männerwitze" erzählt werden, womit sie aber offenkundig Witze über Männer, also Frauenwitze meint: "Feministische Hardliner sprechen explizit nicht über Männer, sondern über Politik und Gesellschaft, über Karrieren bzw. entwickeln sie oftmals Projekte, die aber zugleich so großer Geheimhaltung unterworfen sind, dass jede Realisierung einen Vertrauensbruch bedeuten würde." Womit ein Hinweis darauf gegeben wäre, wie weiblicher Humor beschaffen sein kann und dass er sich möglicherweise mit Feminismus, jedoch kaum mit Hardlinertum verträgt.

Freuds Unterscheidung zwischen dem Witz als einer Form des Lustgewinns durch Aggression und dem Humor als einer souveränen Bekräftigung der Unverletzlichkeit des Ich betrifft Frauen als Subjekte wie als Objekte. Wer Frauen vorwirft, keinen Spaß zu verstehen, nimmt ihnen häufig übel, dass sie zum Ausgelachtwerden nicht freudig ja sagen. Macht haben heißt Heruntermachen dürfen. Wer in gewissen Dingen keinen Spaß versteht, der (oder die) ist nicht humorlos, sondern konsequent, auf jeden Fall ein bisschen zum Fürchten. Frauen, die keinen Spaß verstehen, sind nicht selten gerade die, die sich gern einen Spaß erlauben - und anderes auch.

Humor als versöhnende und erhebende Haltung angesichts der Unbill des Daseins wird dem schwachen Geschlecht gern als Stärke zugebilligt - nur logisch, hält man es mit Ilse Aichinger: "Wer seinen Humor verliert', ist selber schuld'. Humor gehört zu den Tugenden der Angepassten." Der Witz hingegen gilt kaum als weibliche Tugend. Schärfe, Biss, Ironie, Sarkasmus und Satire sind weder damenhaft noch liebreizend. Mann hätte Frauen "lieber lächelnd als lachend" (Eva Rossmann). Kein Wunder, dass Elfriede Jelinek mit ihrem sprachlichen Salzsäurebad den Leuten unheimlich ist, kein Wunder auch, dass sich - von Ausnahmen wie Erika Mann und Liesl Karlstadt abgesehen - Kabarettistinnen erst in jüngster Zeit etablieren konnten.

Humor erfordert eine Position der Stärke, der Souveränität, der Distanz, die jedenfalls Selbstironie zulässt. Der Kampf um Emanzipation war lange, allzu lange eine todernste Angelegenheit. Die Welt, wie sie ist, in Frage zu stellen (auch das bedeutet Humor!), setzt voraus, sich selbst in Frage zu stellen können. "Frauenliteratur" tut das nicht. Gerade österreichische Autorinnen von Kathrin Röggla bis Margit Schreiner und Evelyn Grill gehen andere, eigene Wege.

Christine Grän antwortet auf die Frage, ob Frauen Spaß verstünden: "Frauen verstehen sehr viel Spaß. Wäre es anders, würden sie nicht heiraten, Männer und Kinder bedienen, ihre Karriere vernachlässigen und bei alledem das Risiko eingehen, am Ende alleine und verlassen dazustehen. Könnten sie nicht auch darüber lachen, würden sie anders leben. Der Humor von Frauen ist sanft am Anfang, ausgelassen in der Mitte, und er wird schwarz und schwärzer mit den Jahren. Das werden dann die besten Frauen: vom Alter und Humor verwüstete Engel, vom Himmel ihrer Hoffnung gefallen auf die harte, komische Erde."

FRAUEN VERSTEHEN KEINEN SPASS. Von Daniela Strigl (Hg.). Zsolnay Verlag, Wien 2002 (= Profile 9). 247 Seiten, kart., e 18,40.

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