Kulturerweiterungspolitik

Werbung
Werbung
Werbung

Eine Kontroverse über Leistung und Zukunft der österreichischen Auslandskulturpolitik.

Kulturpolitik scheint im laufenden Wahlkampf keine Rolle zu spielen. Dabei stellt gerade die EU-Erweiterung auch hier ganz neue Aufgaben. Hans Haider, Kulturchef der Presse, und Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen und Autoren, ziehen im Furche-Gespräch Bilanz:

Die Furche: In der kommenden Legislaturperiode steht die EU-Erweiterung an. Wie soll man darauf kulturpolitisch reagieren?

Hans Haider: Soweit ich sehe, ist das bereits im abgelaufenen Regierungsprogramm festgeschrieben. Es ist auch in verstärktem Maß geschehen, gerade was die österreichischen Kooperationen mit den Nachbarländern oder Hilfen für osteuropäische Kulturadministrationen anlangt, es gibt ein intensives Austauschprogramm. Historisch gesehen hat Österreich da einiges versäumt, weil die Sozialdemokratie zu lange eine gewisse höfliche Distanz zu allem, was sich an Opposition im Ostblock geregt hat, gehalten hat - nach dem alten sozialdemokratischen Überlebensprinzip: Wir brauchen den Realen Sozialismus, damit wir uns dem Kapital als das geringere Übel andienen können.

Damals ist die Solidarität über den Eisernen Vorhang hinweg vor allem über christkatholische, auch evangelische und über altliberale Schienen gelaufen. In einer oft hinreißenden Kooperation, die damals einfach identisch war mit Risikominderung, denn die Sache war ja zum Teil gefährlich. Ich nenne Erhard Busek als Leuchtfigur. Das ist weitergemacht worden, und da ist für mein Gefühl gerade Franz Morak - dem ich das nie zugetraut hätte, weil er eigentlich früher nie Zeichen erkennen hat lassen, dass ihn das interessiert - da ist er plötzlich stark abgefahren.

Gerhard Ruiss: In der Kunst und in der Literatur gibt es schon sehr lange Verbindungen, die in den letzten zehn Jahren zugenommen haben. Das sind sehr direkte, persönliche Verbindungen, da geht es um Übersetzungstätigkeit, um Veranstaltungstätigkeit, um einen sehr direkten Austausch. Was uns fehlt - das ist übrigens einer der zum Teil symbolischen, zum Teil echten Schäden der Politik dieser Regierung -, wie die Auslandskulturpolitik in den letzten zweieinhalb Jahren reformiert wurde, das beschränkt sich nicht darauf, dass man das Gebäude des Österreichischen Kulturinstitutes in Paris verkauft, sondern dass man offenbar hier den völlig neuen Gedanken hatte, das es sich um eine Begleiterscheinung des politischen Auftretens Österreichs im Ausland handelt, auch Kultur zu zeigen. Da müsste grundlegend neu gedacht werden, und zwar nicht in einem spektakulären, sondern in einem sehr grundsätzlichen Sinn, denn ein funktionierender Austausch - gerade in Fragen der EU-Erweiterung - ist viel kleinteiliger und vielgliedriger als nur über Einzelveranstaltungen, etwa Ministerkonferenzen, die veranstaltet werden und gegen die grundsätzlich nichts zu sagen ist, aber wenn dem nichts folgt, was wirklich ein Zusammenwachsen und eine Zusammenarbeit mit sich bringt, dann ist das zu wenig. Da muss viel mehr getan werden, weil es ohnedies viele Einzelinitiativen gibt, die unter nicht gerade idealen Bedingungen diese Kontakte aufrecht erhalten und auch eine hohe Bereitschaft zeigen, sich selber - aus ganz unterschiedlichen Motiven - der EU-Erweiterung anzunehmen. Und zwar, wie ich glaube, weil das auch eines der vielen Anliegen, genauso wie die Fragen der Asylpolitik oder der Integrationspolitik, in der Kunst und Kultur ist, die sich natürlich nicht auf die Rolle "Ich mache schöne Kunst oder nicht schöne Kunst" reduzieren lassen kann, sondern die auch mitten in einem öffentlichen Leben in Form von Persönlichkeiten, die in diesem öffentlichen Leben auftreten, existiert.

Das Gespräch moderierte Cornelius Hell.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung