Landessprache exportieren

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Österreich Institute wozu? Eine fiktive Debatte

Der Pessimist: Könnte man nicht zurecht die Frage stellen, wozu Österreich mit öffentlichen Mitteln das Abhalten von Deutschkursen im Ausland fördert? Gibt es da nicht genug private Anbieter? Und ohnehin das Goethe Institut!

Der Optimist: Könnte man, selbstverständlich - ob zurecht, ist einer genaueren Überlegung wert.

Der Pessimist: Und die wäre?

Der Optimist: Der Reihe nach hätte ich da anzubringen: Erstens, weil Österreich möchte, dass seine Sprache auch andere Menschen, Menschen außerhalb Österreichs sprechen.

Der Pessimist: Aber die können ohnehin Deutsch, das sie in der Schule, bei den Goethe Instituten oder bei privaten Anbietern lernen oder gelernt haben.

Der Optimist: In der Schule? Wissen Sie, wo die Bücher verlegt werden? Haben Sie schon einmal so ein Deutschlehrbuch gesehen?

Der Pessimist: Nicht bewusst, aber …

Der Optimist: Dann sag ich Ihnen, welche Inhalte in den "Deutsch als Fremdsprache"-Lehrbüchern der großen Verlage stehen: Deutschland ist das größte und wirtschaftlich stärkste Land in der EU, Deutschland hat die größten Dichter und Denker, Berlin ist die deutsche Bundeshauptstadt, Frankfurt die deutsche Finanzmetropole, in der Eifel kann man sich wunderbar erholen und in Österreich kann man Schifahren und Mozartkugeln kaufen. Das ist jetzt sehr vereinfacht und zum Glück gibt es auch Gegenbeispiele wie das Lehrwerk "Dimensionen". Aber was ich damit sagen will, ist Folgendes: Sprachunterricht vermittelt ja immer auch Inhalte und unter anderem das Bild eines Landes. Das passiert mit den Lehrbüchern in den Schulen und Goethe-Instituten. Nur: Fokus Deutschland. Ich halte es für notwendig, dass auch von Österreich ein möglichst breites, buntes und vielfältiges Bild entworfen wird. Das ist die Aufgabe der Österreich-Institute - und das wäre mein zweiter Punkt.

Der Pessimist: Kann man das nicht auch anders machen als durch die Errichtung von Österreich Instituten im Ausland? Es würde doch reichen, dass man österreichische Lehrbücher produziert und in die Welt schickt.

Der Optimist: Es anders zu machen hat noch nicht viel Sinn, wenn der gleiche Betrag aus der Staatskasse entnommen wird. Wenn, dann müsste es effizienter sein und um das gleiche Geld mehr bringen. Stellen Sie sich vor: um das Geld, das die Österreich-Institute im Jahr an staatlichen Mitteln erhalten, könnte man zehn Lehrer ins Ausland schicken. Ob die auch jährlich 10.000 Schüler betreuen würden, ist die Frage. Und Lehrbücher produzieren ist ein dorniger Weg. Sie dann in die Welt schicken und für Anwendung sorgen, kostet vermutlich weit mehr als die Österreich Institute. Und: Wer wird sie verwenden, wenn es keine Österreich Institute gibt, die mit dem weit verbreiteten Vorurteil aufräumen, dass das Deutsch, das in Österreich gesprochen und geschrieben wird, ein Dialekt ist. Und da hab ich dann gleich noch den dritten Punkt: Deutsch ist nicht gleich Deutsch.

Der Pessimist: Versteh ich nicht, es gibt doch lediglich ein paar Unterschiede in der Benennung von Lebensmitteln: Marillen/Aprikosen; Topfen/Quark; Faschiertes/Hackfleisch und so. Oder Paradeiser/Tomaten: aber es sagt ohnehin schon ganz Österreich Tomaten.

Der Optimist: Wieder vermischen Sie mehrere Dinge: Es ist nicht leicht, mit Ihnen zu diskutieren. Ich versuch's: Was ist mit Langen Sie zu, solange der Vorrat reicht (Billa-Werbeplakat). Geh doch schon mal die Treppe hoch! Oder: Ne, Kindchen, da darfst du nicht hingucken! Das sind nur ein paar wenige Beispiele und ist doch mehr als die 23 unterschiedlichen Wörter, die im Protokoll Nr. 10 anlässlich des EU-Beitritts Österreichs von Seiten der Verhandler festgeschrieben wurden. Soll das nun unser Standard werden? Und das Paradeiser/Tomaten-Thema: Die Wenigsten widerstehen dem Anpassungsdruck, nicht einmal die Normsprecher im österreichischen Rundfunk und Fernsehen, geschweige denn bei den Austrian Airlines. Ich trau mich wetten, dass es da keinerlei strategische Überlegungen in den Unternehmen gibt. Und das führt dann dazu, dass wir selbst unsere eigene Hochsprache als Dialekt empfinden. Und so wird es uns auch von außen zugeschrieben. Greifen Sie zu, solange der Vorrat reicht/ Geh die Stiege hinauf/ Nein, mein Kind, da darfst du nicht hinschauen: Das Standarddeutsch unserer Schulen und höheren Bildungsanstalten also ein Dialekt? Sprachlich wirklich Gebildete also nur in Deutschland zu Hause? Das kann man doch so nicht stehen lassen!

Der Pessimist: Einleuchtend, aber was können die paar Österreich Institute dagegen ausrichten?

Der Optimist: Das ist ein Killerargument und gilt für alles, was kleiner ist als etwas Größeres. Abgesehen davon haben wir schon mehr als 80.000 Menschen eines besseren belehrt. Außerdem wachsen die Österreich Institute …

Der Pessimist: Die privaten Anbieter haben Sie noch vergessen.

Der Optimist: Glauben Sie nicht, dass es einen Unterschied für jeden Einzelnen macht, ob er die Sprache von jemandem lernt, der sein Geschäft aus rein kommerziellem Interesse betreibt, oder von jemandem, der eine Mission weiterträgt?

Der Pessimist: Bevor Sie weiter über die Mission schwadronieren, fasse ich zusammen, was ich verstanden habe: Österreich Institute gibt es, weil der österreichische Staat ein Interesse daran hat, das Image von österreichischem Deutsch als provinziellem Dialekt zu korrigieren und weil er ein Interesse daran hat, dass ein möglichst umfassendes Bild der österreichischen Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur, Vergangenheit, Gegenwart usw. im Ausland vermittelt wird …

Der Optimist: Wunderbar, damit bin ich sehr einverstanden! Ob "der Staat" das auch so sieht, ist möglicherweise eine andere Frage. Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass Sprache eine der besten Voraussetzungen für das Verständnis des jeweils anderen ist, dass die Fähigkeit, die Sprache meines Gegenübers zu sprechen und zu verstehen, die Möglichkeit zu substanziellen Bindungen schafft, sei es nun im persönlichen Kontakt, sei es in der Politik, in der Kultur, in der Wissenschaft oder in der Wirtschaft. A Propos Wirtschaft: Die EU z.B. weiß das sehr genau: Die jüngst von der Generaldirektion Bildung und Kultur in Auftrag gegebene Studie über den Einfluss von Fremdsprachenkenntnissen auf die Geschäftsleistung von kleinen und mittleren Unternehmen hat u.a. ergeben, dass ein unmittelbarer Zusammenhang besteht zwischen Fremdsprachenkenntnissen und Exporterfolgen …

Die Autorin und der Autor sind Geschäftsführer der Österreich Institut Ges.m.b.H. in Wien.

Zehn Jahre Österreich Institute

Seit 1997 die Österreich Institut Ges.m.b.H. geschaffen wurde, haben 83.000 Menschen an einem Österreich Institut Deutsch gelernt: in Bratislava, Brünn, Budapest, Istanbul, Krakau, Ljubljana, Rom, Warschau und Wroclaw. Das zehnte Österreich Institut befindet sich derzeit in Gründung: in Belgrad.

In den über 1000 Kursen jährlich lernen nicht nur potenzielle Touristen, sondern auch Ansprechpartner für österreichische Unternehmen im Ausland. Es ist wichtig, dass sie mit den österreichischen Sprachnormen vertraut sind. Der Staat investiert in das Exportprogramm für die eigene Landessprache - die Österreich Institut Ges.m.b.H. ist im Eigentum der Republik. CH

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