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Mit dem Dienstleistungsscheck will der Wirtschaftsminister Schwarzarbeit im Haushalt bekämpfen. Ob diese Art der bargeldlosen Bezahlung von Babysittern und Putzfrauen dazu das richtige Mittel ist, ist umstritten.

Der Trafikant im ersten Wiener Gemeindebezirk schüttelt den Kopf über die Frage: "Einen einzigen", sagt er schließlich. "Einen einzigen Dienstleistungsscheck habe ich bisher verkauft. Ich glaube, diese Idee der Regierung ist ein Reinfall." Zu kompliziert sei das ganze in der Handhabung, stellt er fest, und überhaupt traut er den Absichten der Minister nicht. "Hinterher kommt dann doch wieder das Finanzamt und hält bei den Arbeitgebern die Hand auf", fürchtet er.

Das Risiko, solche unliebsamen Überraschungen zu erleben, dürfte allerdings gering sein. Der Dienstleistungsscheck (Details siehe unten) soll nur die Möglichkeit bieten, bisher meistens inoffiziell beschäftigte Dienstnehmer in Haushalt und Garten ohne großen Aufwand legal zu beschäftigen. Denn nach - allerdings sehr vagen - Schätzungen des Wirtschaftsministeriums sind österreichweit mehr als 150.000 Personen in Privathaushalten beschäftigt - nur 10.000 arbeiten legal. Entsprechend auch der Slogan der Werbekampagne, die den Österreichern den Scheck schmackhaft machen soll: "Legal ist genial" heißt es da.

Erfolgreicher Start ...

Bis einschließlich 19. März wurden Schecks im Wert von mehr als 132.000 Euro verkauft, 60 Prozent davon wurden bereits von den Arbeitnehmern eingelöst. Johannes Kopf, Arbeitsmarktexperte im Kabinett von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (övp), zeigt sich im Gespräch mit der Furche zufrieden mit dem Start. "Wir sind positiv überrascht", sagt er. Es habe keine konkreten Erwartungen für den Start gegeben, aber es zeige sich, dass der Scheck schon sehr gut angenommen werde. Ein Ziel allerdings sei klar: Aus 10.000 legal Beschäftigten im haushaltsnahen Bereich sollen binnen fünf Jahren mindestens 20.000 werden.

Ob der Scheck diese Erwartungen erfüllen wird, lasse sich nicht vorhersagen, meint der Volkswirt Friedrich Schneider von der Universität Linz, der regelmäßig Untersuchungen zur Schwarzarbeit in Österreich veröffentlicht. Er rät, erst einmal abzuwarten, ob der Scheck angenommen wird und gegebenenfalls nachzujustieren, "Aber der Dienstleistungsscheck ist auf jeden Fall eine im Grundsatz richtige Maßnahme, die die Schattenwirtschaft im Haushalt und haushaltsnahen Bereich um bis zu einer Milliarde Euro verringern könnte." Seiner Schätzung nach verdienen Schwarzarbeiter in diesem Bereich derzeit insgesamt 3,6 Milliarden Euro jährlich.

Ob der Scheck tatsächlich angenommen wird, ist sich Schneider allerdings nicht ganz sicher. "Es ist sehr wahrscheinlich zu bürokratisch, aber er ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, nämlich ein Anreiz, von der Schattenwirtschaft in die offizielle Wirtschaft zu wechseln." Trotz dieser Maßnahme beurteilt Schneider die österreichische Politik zur Bekämpfung der Schwarzarbeit im Haushalt als "sehr zögerlich. Es ließe sich deutlich mehr tun." Etwa die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuung und eine Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze. "Diese beiden Maßnahmen, verbunden mit dem Dienstleistungsscheck, könnten die Schwarzarbeit im Haushaltsbereich vermutlich halbieren."

... oder völlig ungeeignet?

In einem Punkt ist Christoph Klein, Leiter des Sozialbereichs der Arbeiterkammer Wien, mit Schneider einer Meinung: "Der Ansatz, illegale Beschäftigung zu bekämpfen, ist gut." Allerdings, fügt er hinzu, sei der Dienstleistungsscheck sicher der falsche Weg. Einerseits, weil er für viel zu wenige Dienstnehmer überhaupt in Frage komme. Schließlich seien in vielen Haushalten Ausländer beschäftigt, die in Österreich nicht arbeiten dürfen. Für sie gilt der Dienstleistungsscheck nicht. Einen anderen Teil der Dienstnehmer hindere die niedrige Geringfügigkeitsgrenze an legalen Dienstverhältnissen. Weitere Kritikpunkte: Das Arbeitsrecht werde ausgehöhlt, da etwa das Verbot der Kettenarbeitsverträge nicht gelte. Und die Bürokratie für den Arbeitnehmer sei zu groß.

Zudem warnt Klein die Arbeitgeber: Zwar sei eine Aneinanderreihung von kurzen Arbeitsverträgen möglich, allerdings nur, wenn dahinter keine Regelmäßigkeit stecke. "Wenn vereinbart wird, dass die Putzfrau immer am selben Wochentag kommt, ist das kein kurzfristiger Vertrag, der mit dem Dienstleistungsscheck abgegolten werden kann." Kommt er dennoch zum Einsatz, bestehe das Risiko für den Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer Ansprüche wie Urlaubs-und Krankengeld einklagt, die eben mit dem Dienstleistungsscheck nicht abgegolten sind. "Nur, wenn jeder Einsatz gesondert vereinbart wird, können Putzfrau, Babysitter und Gärtner mit dem Scheck bezahlt werden."

"Stimmt", gibt Johannes Kopf vom Wirtschaftsministerium zu. Allerdings seien gerade in diesem bereich eben viele Verträge sehr flexibel und nicht auf von vornherein fixierte Arbeitstage ausgerichtet. "Und das Risiko einer Klage geht der Arbeitgeber ja auch ein, wenn er seine Putzfrau schwarz beschäftigt."

Die Kritik, der Scheck sei zu bürokratisch, lässt Kopf nicht gelten: "Natürlich bedeutet es einen gewissen Aufwand, den Scheck in der Trafik zu kaufen und ihn zur Gebietskrankenkasse zu bringen oder zu schicken", räumt er ein. "Aber wir konkurrieren hier mit dem allereinfachsten möglichen System: Geld schwarz in bar auszuzahlen. Diese Einfachheit können wir nicht unterbieten." Aber der Scheck sei so einfach wie möglich gehalten.

"Es kann schon sein, dass 70 Prozent der Putzfrauen sagen, sie wollen den Scheck nicht", sagt Kopf gelassen. "Aber wir freuen uns über jeden einzelnen, der in ein legales Arbeitsverhältnis kommt." Dass dabei nicht alle Arbeitsrechte gelten, müsse man in Kauf nehmen, um das Modell attraktiv zu machen. "Immer noch besser, als es gelten weiterhin gar keine Rechte, weil die Beschäftigung illegal bleibt."

Abwarten!

Nach einem Jahr wird evaluiert, ob der Scheck angenommen wird und welche Probleme es gibt. Anpassungen sind möglich. Wer Babysitter, Reinigungskraft oder Gärtner weiterhin illegal beschäftigt, hat allerdings nicht mehr zu befürchten als bisher. Eine "Aktion scharf" gegen Schwarzarbeit im Haushalt werde es nicht geben, sagt Kopf. "Der Dienstleistungsscheck ist ein rein positiver Ansatz, der sicher nicht mit Drohungen verbunden wird."

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