Meister in Deutsch und der Pumuckl

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Deutschlernen mit allen Sinnen ist das Credo der "Österreich Institute", der rot-weiß-roten Sprachschulen an acht europäischen Standorten. Die furche besuchte das Institut in Bratislava.

Sprachenlernen ist in der Slowakei zur Zeit ein ständiges Thema", sagt Annemarie Pritchard-Smith und führt durch das Österreich Institut in Bratislava. "Deutsch hat eine lange Tradition. Besonders in eingesessenen Pressburger Familien wurde neben der Muttersprache auch deutsch und ungarisch gesprochen", berichtet die Leiterin des Sprachinstitutes, das nun seit fast zehn Jahren in der slowakischen Hauptstadt tätig ist. Doch nun habe Englisch als Wirtschaftssprache die Führung übernommen.

Werben um Sprachschüler

Natürlich gebe es Konkurrenz um jeden Deutschinteressierten, etwa mit dem viel potenteren Kollegen, dem Goethe-Institut, aber man versuche, durch Qualität und innovative Lernangebote zu punkten. Über 8000 Kursteilnehmer kann die Sprachschule, mitten in der Altstadt gelegen, seit ihrer Gründung verbuchen.

Der Anspruch des Österreich Instituts gehe über reine Sprachkurse hinaus, erklärt Pritchard-Smith. "Die österreichische Botschaft spricht ein anderes Publikum an. Wir hingegen vermitteln Alltagskultur. Wir hinterfragen Klischees und Vorurteile." Durch die Sprachkurse sollte das Interesse am Nachbarland geweckt werden. Dies geschieht etwa durch Kooperationen im Bereich Tourismus. "Es reicht nicht aus, sich darauf zu verlassen, dass wir Nachbarn sind", fügt sie hinzu. "Wenn man nicht dahinter ist, dann orientieren sich potenzielle Deutschschüler eben dort, wo es das größere Angebot gibt, etwa beim Goethe-Institut." Da seien zwar die Kurse auch hochwertig, aber Österreich werde nicht vermittelt. Das liege schon allein am Unterrichtsmaterial.

Pritchard-Smith macht damit die Leitlinien des Österreich Instituts deutlich. Die Sprachkurse sollten den Grundstein für kulturellen Austausch legen. Auch "Sprachmarketing", also die Verbreitung des österreichischen Deutsch, solle betrieben werden. Dass in diesem Bereich viel Aufholbedarf besteht, unterstreicht eine kürzlich veröffentlichte Arbeit der Sprachwissenschafterin Jutta Ransmayr (siehe Interview Seite 3). "In unseren Kursen liegt der Schwerpunkt auf der österreichischen Varietät der deutsche Sprache", betont auch Lydia Rössler, Zuständige für Kooperationen, didaktisches Material und Öffentlichkeitsarbeit in der Zentrale des Österreich Institutes in Wien. "Es werden die Unterschiede thematisiert, gelehrt und auch als korrekt angesehen." Daher biete das Österreich Institut auch eigenes Lehrmaterial an, wie beispielsweise den Österreich Spiegel, eine viermal jährlich erscheinende Zeitung mit einer Auswahl an Artikeln aus österreichischen Zeitungen. Dem Spiegel sind ein didaktischer Teil sowie Hörbeiträge beigefügt.

Nachbarländer "Grüß Gott"

Das Österreich Institut, die offizielle Sprachschule der Republik, feiert in diesen Tagen ihr zehnjähriges Bestehen. Zur Zeit gibt es acht Sprachinstitute, neben Bratislava noch in Budapest, in Brünn, Ljubljana, Rom und drei in Polen (Krakau, Warschau und Wroclaw). Demnächst sind Institute in Belgrad sowie in Bulgarien und Rumänien geplant. Der Balkan soll Schwerpunkt der nächsten Jahre sein. In Istanbul wurde in Kooperation mit dem St. Georgs Kolleg ebenso ein Sprachinstitut eingerichtet. Das Außenministerium prägt das Leitbild und die Expansion des Instituts. "Zu Beginn besuchten 4000 Schüler an fünf Standorten unsere Sprachkurse", sagt Lydia Rössler. Heute trage sich das Institut zu 70 Prozent selbst. 10.000 Deutschlernwillige werden in 1000 Kurse pro Jahr von rund 150 Lehrerinnen (es sind großteils Frauen) ausgebildet. Probleme mache allerdings das Sprachinstitut in Ljubljana. Die Stadt sei klein, die Konkurrenz groß. Zudem würden sich die politischen Missstimmungen zwischen Österreich und Slowenien (Stichwort zweisprachige Ortstafeln) negativ auswirken, erklärt Rössler.

"Innovatives Lernen macht unsere Marke aus", betont Lydia Rössler und verdeutlicht diesen Anspruch an einem aktuellen Projekt, dem "Kurskreatorwettbewerb", der dieses Jahr in allen Standorten ausgeschrieben ist. "Wie stellen Sie sich ihren Wunsch-Sprachkurs vor?", lautet die Frage an alle am Spracherwerb Interessierten. Das Siegerprojekt wird im Oktober gekürt und in einem Sprachkurs umgesetzt. Das Thema, wie man am besten eine Sprache erlernt, könnte durchwegs Diskussionen auslösen, ist sich die Didaktikexpertin sicher.

Die Leiterin des Österreich Institutes in Bratislava, Annemarie Pritchard-Smith, sieht sich als "Trendsetter" in punkto modernem Sprachenunterricht. Andere Institute würden ihre Ideen aufgreifen. "Die Kurse sind gut ausgelastet, sie sind zwar teuer, aber bieten eben Qualität." Ein klassischer Kurs für Erwachsene kostet 6580 Kronen, umgerechnet 188 Euro, für zwei Kurseinheiten pro Woche.

In einem Kinderkurs brüten fünf Volksschüler über ihren Deutschübungen. Dann tragen sie ein Pumuckl-Theater vor, etwas müde und zurückhaltend. "Zwei Sprachkurse und dannach Sport sind hier für viele Kinder - besonders der reicheren Schicht - üblich", sagt die Lehrerin Luzia. "In Bratislava ist Sprachenlernen in aller Munde, die Eltern wollen die Kinder fördern und fordern."

Schule, Sprachen, Sport

"Wenn er es nicht wollte, müsste er nicht Deutsch lernen", sagt etwa die Mutter des achtjährigen Roman, der schon seit fünf Jahren Deutsch lernt: "Ich bin mit dem Unterricht sehr zufrieden, auch wenn der Kurs teuer ist." Nun wolle Roman auch noch Französisch lernen, der Englisch-Unterricht auf seiner Schule sei zudem schlecht, beklagt die blonde großgewachsene Slowakin, die wie Mutter und Großmutter Deutsch spricht. In einem anderen Sprachkurs büffeln rund zehn junge Männer Deutsch. Sie werden für das Callcenter der Computer-Firma "Dell" trainiert, das von Bratislava aus den deutschen Raum betreut. Slowakische Mitarbeiter müssen deutsche Kunden bei Computerproblemen beraten. Fallbeispiele müssen sitzen, Fachausdrücke gelernt werden, in Rollenspielen wird zudem die Gesprächsführung geprobt. "Wir bieten maßgeschneiderte Kurse für Dell und andere Firmen", erklärt Pritchard-Smith. Zur Zeit werde ein Kurs für slowakische Pflegekräfte vorbereitet, die in Österreich arbeiten wollen. "Wir unterrichten nicht nur Deutsch, sondern werden auch die aktuelle Debatte über das Thema Pflege in den Unterricht integrieren."

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