Menschenrechte für (fast) alle

Werbung
Werbung
Werbung

Vor einem Jahr wartete die heimische Polizei mit der Großrazzia "Operation Spring" auf, um afrikanischen Drogendealern das Handwerk zu legen. Mitten in der Aufregung um den Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma tat dieser Erfolg gut: Endlich kam die Polizei aus den negativen Schlagzeilen, in die sie der tote "Schübling" gebracht hatte.

Die weniger schönen Begleitumstände der Aktion sind wohl bekannt, aber in Wirklichkeit schon vergessen: So musste der Hauptverdächtige, der nigerianische Literat Charles O., längst wieder auf freien Fuß gesetzt werden - von Anklage und Beweisen keine Rede mehr. Und seit damals gelten Schwarzafrikaner generell als Drogendealer: Die vom führenden Kleinformat mitgeformte öffentliche Meinung ist sich da sicher.

Weiteres Problematische im Gefolge der Operation ist zu vermerken: So wurde letzte Woche ein Schwarzafrikaner - schon in zweiter Instanz - zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Schockierend dabei, dass sich die Verurteilung einzig und allein auf die Aussage eines anonymen Kronzeugen, der im Overall und Vollvisierhelm vorgeführt wurde, stützt. Der Anonyme selbst ist in Drogengeschäfte verwickelt und kann sich durch seine Auskunftsfreudigkeit mildere Richter erwarten. Der Verteidiger des Verurteilten hingegen hat keine oder kaum eine Möglichkeit, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erschüttern.

Doch genau darum geht es bei einem fairen Verfahren, das unter anderem auch die Europäische Menschenrechtskonvention, die Österreich natürlich unterzeichnet hat, garantieren will: Ein Rechtsstaat gewährleistet dieses Menschenrecht.

Doch die Zeiten ändern sich - zumindest für afrikanische Angeklagte. Man stelle sich vor, selbst vor einem Gericht zu stehen: ein Vermummter sagt gegen einen aus; sonst keine Aussage, kein einziger Sachbeweis, andere Zeugen werden nicht zugelassen. Vielleicht hat unsereiner ja genug Zeit und Geld, um dann bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu gehen. Vielleicht kommt dort - irgendwann - ein Richterspruch zustande. Ob aber der verurteilte Afrikaner seinen Fall bis nach Straßburg durchkämpfen kann?

Menschenrechte sind unteilbar. Sie gelten für alle. Es darf bezweifelt werden, dass der Rechtsstaat Österreich es damit in jedem Fall gleich ernst meint.

E-Mail: o.friedrich@styria.com

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung