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In einem Kindergarten zu arbeiten, könnte ein begehrter Traumjob sein. Doch karges Gehalt, große Gruppen und ein hartnäckiges "Tanten"-Image schrecken (vor allem Männer) ab.

Dieser Mann hat Nerven: "Klaus, darf ich in den Bewegungsraum?", kräht ein Knirps, "dürfen wir die Bausteine haben?", schreien zwei andere. So viel Aufgeregtheit, so viel Lärm, so viele Kinder - doch Klaus Krause bleibt die Ruhe selbst. "Ich habe immer schon gewusst, dass ich gut mit Kindern kann", erzählt der sportliche Mann, während er auf einem Kindersessel hockt. Nach einer kurzen Episode an der Universität habe er deshalb als Assistent in einem Kindergarten zu arbeiten begonnen und berufsbegleitend die Ausbildung zum Kindergartenpädagogen absolviert. "Zwischendurch habe ich zwar in der Werbung gearbeitet", erinnert sich der zweifache Familienvater. "Aber dann habe ich wieder etwas Sinnerfüllteres gesucht. "

Spielen statt werben

Seit fünf Jahren arbeitet Klaus Krause an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik (BAKIP) in der Wiener Kenynongasse. Im Übungskindergarten der Schule, die vom Orden der "Schwestern vom Göttlichen Erlöser" erhalten wird, begleitet er Kinder beim spielerischen Lernen - und bietet den BAKIP-Schülerinnen wöchentliche Einblicke in die Praxis.

Heute sind es ausnahmsweise zwei Burschen, die Krause auf die Finger schauen. "Ich habe es noch keinen Moment bereut, dass ich mich für die BAKIP entschieden habe", erzählt der 18-jährige Benedikt Fex, ein schlaksiger Zwei-Meter-Hüne. Ob er später tatsächlich in einem Kindergarten arbeiten werde, sei trotzdem ungewiss. "Das Gehalt und die gesellschaftliche Anerkennung spielen da natürlich eine Rolle", gibt er zu.

Rund 50 Prozent aller BAKIP-Absolventinnen und -Absolventen hegen ähnliche Gedanken und versuchen anderswo ihr Glück. Dabei werden sie demnächst händeringend gesucht: Sowohl die im Mai geplanten Sprachstandsfeststellungen bei allen Viereinhalbjährigen als auch die österreichweit bis 2010 geplanten 24.000 neuen Kinderbetreuungsplätze erfordern zusätzliches Personal. Schon jetzt warnt die Plattform EduCare vor einem "Personalnotstand" in den Wiener Kindergärten - und fordert unter anderem eine Anhebung der Ausbildung auf akademisches Niveau (siehe Kasten).

"Das ist nicht der Punkt", meint hingegen Klaus Krause. Wichtiger sei eine Attraktivierung des Jobs an sich: Dazu gehöre neben der Senkung der Kinderhöchstzahl pro Gruppe (in Wien derzeit 15 bei den Ein- bis Dreijährigen bzw. 25 bei den Drei- bis Sechsjährige) vor allem die Anhebung der Gehälter. 1600 Euro brutto beträgt derzeit das Einstiegsgehalt in Wiens städtischen Kindergärten, in den Einrichtungen kirchlicher Trägerschaft sind es (ohne Zuschläge) 1518 Euro. "Ein solches Gehalt ist für alle ein abschreckender Faktor - und für Männer noch mehr", betont Krause.

Immer nur Frauen

Dazu komme, dass der Job noch immer nicht als möglicher Männerberuf gesehen werde. "Die Anerkennung von außen ist sehr gering, die Anerkennung bei den Kindern hingegen sehr groß", weiß der Pädagoge. Schon während des Praktikums würden die Kleinen den seltenen Burschen förmlich zulaufen. "Es wäre für die Kinder auch wichtig, dass sie einmal Männer erleben, die den Tisch abwischen, Gefühle zeigen - und zugleich auch stark sein können."

Ein solches Lernen vom Role-Model ist freilich nur wenigen Burschen möglich: In den 360 städtischen Kindergärten Wiens sind neben 3355 Pädagoginnen nur 33 Pädagogen im Einsatz. Österreichweit sieht es nicht besser aus. "Damit muss man erst einmal umgehen lernen", erzählt der Mann mit den Nerven aus Stahl recht glaubhaft. "Dass man es bei allen Fortbildungen und Konferenzen mit Frauen zu tun hat, kann nämlich schon zermürbend sein."

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