Mit 13 geht es so richtig los …

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Die Jugendlichen beginnen immer früher zum Alkohol zu greifen. Oft schießen sie über das Ziel hinaus. Die Furche ist bei einem Grillfest dabei. Ein Lokalaugenschein von Thomas Meickl.

Österreichs Jugend säuft. Und was macht sie noch? Will man den aktuellen Medienberichten glauben, wohl eher wenig. "Komatrinken" ist scheinbar angesagt, also das übermäßige Trinken von Alkohol bis zur Bewusstlosigkeit, und auch das "Flat-Rate-Saufen", hierbei bezahlt der Gast einen wohlfeilen Pauschal-Obulus und kann dann von den in der Trink-Aktion angebotenen Getränken so viele zu sich nehmen, wie er will. Wenn gewünscht auch bis zum komatösen Stadium.

Die Furche hat sich auf die Suche nach den Jugendlichen gemacht, und sich nicht die am Boden vor einem Lokal liegenden Exemplare der heranwachsenden Zukunft Österreichs ausgesucht, sondern begab sich in Person eines Redakteurs auf ein Grillfest, um Nachforschungen zum Thema Alkohol anzustellen. Die zu untersuchenden Probanden sind noch nicht lange 16 - jenes Alter, ab dem Jugendliche Alkohol konsumieren dürfen. Doch auch ohne den gesetzlichen Freibrief hätten die Jugendlichen genug zu erzählen gehabt, denn die erste Bekanntschaft mit Alkohol wurde meist mit zirka 13 Jahren gemacht: "Da hatte ich meinen ersten Filmriss, seitdem gab es das aber nie wieder". "Mit 13 sind wir in die Parks gegangen, zuerst in den Stadtpark, dann in den Rudolfspark zum Rumhängen. Da trifft man die coolen Zecken (Leute mit Irokesen-Haarschnitt, Punks und so)."

Bei den Erzählungen kommen die Jugendlichen immer wieder auf die diversen Skiwochen zu sprechen. Hierbei ist vor allem die Vorbildwirkung der mitfahrenden Lehrer interessant: "Zuerst gab es die Ansprache der Lehrer, was wir alles nicht dürfen: Kein Alkohol, keine Zigaretten und die Burschen dürfen nicht zu den Mädchen aufs Zimmer usw. Nach der großen Rede hat sich dann der Lehrer ein großes Bier geholt und sich zum Abendessen gesetzt."

Wo sind die Vorbilder?

Die Vorbildwirkung war schnell verflogen. Auch beim zweiten Beispiel kommt Staunen auf: "Es war schon nach 22 Uhr und ich war noch in einem der Mädchenzimmer, dann kam eine Lehrerin herein, die angetrunken war. Sie hat mich gefragt, was ich hier mache. Dann habe ich im Spaß gesagt, dass ich ein Mädchen sei. Sie meinte darauf erheitert:, Gut, dann bist du eben jetzt ein Mädchen,' und verschwand. Bald kam eine andere Lehrerin herein, die nicht betrunken war, und schickte mich aufs Zimmer."

Das Thema Alkohol ist während der Skiwoche aber nicht nur unter den geschilderten Lehrern ein großes, auch die Schüler "geben Gas": "Wir haben jeden Tag getrunken, wir haben uns vor der Reise schon mit den Sachen eingedeckt, denn im Skikurs wollte jeder fett sein. Doch der Betrunkenste war der Turnlehrer." "Wir wussten immer, wenn die Lehrer im Beisl sind und trinken, können wir machen, was wir wollen." Nach dem Warum gefragt, meinte eine Schülerin: "Sicher ist der Kick dabei, ob man bei etwas Verbotenem erwischt wird oder nicht."

Wenn die klassischen guten Vorbilder wie Lehrer auf einer Skiwoche versagen, stellt sich die Frage, wer diese Lücke füllt? Doch die meisten der Jugendlichen auf dem Grillfest geben an, keine Vorbilder zu haben. Früher hatten sie welche, das waren Berühmtheiten aus der Zeitschrift Bravo. Aber jetzt habe das niemand mehr: "Oder vielleicht meine große Schwester … nein, eigentlich habe ich keine Vorbilder!"

Stimulierende Verbote

Verbote, so scheint es, wirken generell stimulierend: "In den zwei Jahren, bevor man 16 ist, trinkt man noch so viel wie möglich. Ab 16 ist der Reiz dann vorbei. Man trinkt noch ein paar Mal und fertig." Diese Aussage führt zu schallendem Gelächter, denn obwohl die Gesprächspartner nicht zu den regelmäßigen Komatrinkern gehören, sind sie dennoch dem einen oder anderen Schluck nicht abgeneigt. Das zeigt auch die Frage, was sie denn davon hielten, wenn auf dem Wiener Donauinselfest kein Alkohol mehr ausgeschenkt würde? Die Gesichter erblassen. "Was das wird ab heuer so sein? Nein!" Auf die beruhigenden Worte des Redakteurs, dass dies nur ein Experten-Vorschlag war, um als Speerspitze eines neuen Umganges mit Alkohol im öffentlichen Raum zu dienen, und dass dies zumindest heuer noch nicht der Fall sein werde, schauen die jungen Gesichter wieder etwas lebendiger aus. "Das bringt doch gar nichts, dann trinken die Leute eben vorher. Ein Donauinselfest ohne Alkohol ist für mich unvorstellbar!"

Von strengeren Gesetzen halten die befragten Jugendlichen nichts, es würde nur länger illegal getrunken. Doch eines ist den jungen Leuten klar: "Europa hat eine große Trinkkultur, und da meinen viele Jugendliche, sie müssen auch Alkohol trinken, damit sie sich erwachsener fühlen."

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