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Nicht der Streit um Begriffe soll laut C. Einem und J. Voggenhuber den Konvent beherrschen, sondern der Wille, die EU zu demokratisieren.

die furche: Sie waren bereits Mitglied im Grundrechtskonvent. Worin sehen Sie die größten Unterschiede zum jetzigen EU-Konvent?

caspar einem: Es gibt zwei große Unterschiede: Jetzt geht es um Machtfragen und dazu kommt, dass jetzt auch 13 Kandidatenstaaten mit im Konvent sind. Deren politische Kultur, deren Diskussionskultur, deren Vorstellungen von einer optimalen EU kennen wir noch sehr wenig. Daher beschreiten beide Seiten hier Neuland im Kennenlernen von Positionen.

die furche: Sehen Sie eine gemeinsame österreichische Position oder sind nationale Positionen für den Erfolg des Konvents sowieso eher hinderlich?

einem: Es gibt Punkte bei denen die österreichischen Delegierten übereinstimmende Meinungen haben. Wir sind alle vier zum Beispiel der Meinung, dass der Euratom-Vertrag überholt ist. Dass er sowohl inhaltlich als auch institutionell verändert werden muss. Aber im Prinzip geht es nicht darum, nationale Begehrlichkeiten zu behaupten, sondern unser Ziel muss es sein, einen breiten Standpunkt zu entwickeln, den möglichst alle teilen können.

die furche: Wie soll dieser Standpunkt ausschauen?

einem: Am Schluss soll ein politisches Gemeinschaftsinstrument herauskommen, das es erlaubt, Dinge besser zu machen als man sie allein hätte machen können. Die EU muss ein wirksames politisches Instrument werden, mit dem man sich beispielsweise gegen die negativen Auswirkungen der Globalisierung wehren kann. Ein Instrument mit dessen Hilfe man wirkungsvoll zum Frieden in der Welt beitragen kann. Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger wären durchaus stolz auf eine solche EU, aber dazu muss sie die nötigen Mittel erhalten - das ist unsere Aufgabe.

die furche: Braucht dieses Instrument eine eigene Verfassung?

einem: Ich neige nicht zum Begriffsfetischismus. Ob das Verfassung oder Verfassungsvertrag genannt wird, ist sekundär. Europa braucht eine klare Struktur der Zuständigkeiten, der Aufgabenverteilung, der Instrumente, eine klare Verankerung der Grund- und Freiheitsrechte. Das würde man anderswo Verfassung nennen, das kann man ruhig auch auf europäischer Ebene Verfassung nennen. Aber realistischerweise glaube ich, dass wir nur zu einem Verfassungsvertrag kommen werden.

die furche: Warum werden die Regierungen Macht abgeben - wenn sie sie abgeben?

einem: Wenn sie Macht abgeben, dann weil sie einem gemeinsamen und einheitlichen Vorschlag des Konvents gegenüberstehen. Sie werden sie nicht mit Begeisterung abgeben, aber sie werden es auch nicht wagen, ein fertiges, übereinstimmendes Paket wieder aufzuschnüren. Der Konvent ist intelligent zusammengesetzt. Alle Regierungschefs haben persönliche Vertreter geschickt. Es ist allerdings eine Mehrheit von Parlamentarier in diesem Konvent. Daher ist damit zu rechnen, dass das Ergebnis immer Positionen der einzelnen Regierungen beinhaltet - aber nicht nur solche.

die furche: Steht die EU an einem Wendepunkt?

einem: Wir stehen an einer grundlegenden Wende der EU. Wir müssen versuchen, einen weiteren Schritt in der Einigung Europas zu machen. Der erste Schritt war, den Wettbewerb der Nationalstaaten zu befrieden. Jetzt sollten wir den zweiten Schritt zur Überwindung dieses Wettbewerbs hin zu einem gemeinsamen demokratisch verfassten Europa machen. Da bleiben immer noch als eine Facette nationale Interessen über. Aber das Hauptinteresse der Menschen ist nicht ein nationales. Denn in den meisten Fragen des Alltagslebens sind die Interessen nicht national, sondern anders geschichtet.

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