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Mit Computern, Handys, Internet ist das Zeitalter der Informationsgesellschaft angebrochen. Beim derzeitigen Stand der Dinge erweist sie sich allerdings als wenig umwelt- und sozialverträglich.

Die gesellschaftliche Entwicklung wird derzeit von den rasanten Fortschritten im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKTs) geprägt. Sie haben die Abläufe in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft revolutioniert und das Freizeitverhalten drastisch verändert. Ein Großteil der Menschen verbringt heute viele Stunden vor dem Bildschirm: von Computern, Fernsehern oder Gameboys.

Die Daten für Österreich illustrieren, welche große Verbreitung die IKTs in den letzten Jahren gefunden haben: So stieg etwa die Zahl der Internet-Nutzer (siehe http://www.integral.co.at) in nur fünf Jahren von 550.000 auf 3,15 Millionen (im Jahr 2001). Derzeit sind 1,2 Millionen Haushalte ans Internet angeschlossen. Und beachtliche 58 Prozent aller Haushalte verfügen über einen PC (1996 waren es nur 36 Prozent).

Handy-Boom

Noch weitaus dynamischer war die Entwicklung der Mobiltelefonie. Handys waren in den Jahren 1998 bis 2002 der Verkaufshit schlechthin. In diesem Zeitraum stieg der Anteil der Handy-Besitzer von 28 auf 78 Prozent bei den Über-15-Jährigen. Zu dieser enormen Zahl von tragbaren Telefonen kommen noch 4,2 Millionen Festnetzanschlüsse. Diese Zahlen illustrieren, welche bedeutende Rolle die IKTs heute im Leben des Durchschnittsbürgers spielen.

Obwohl es in den letzten beiden Jahren zu spektakulären Einbrüchen gerade auf den Aktienmärkten der "new economy" gekommen ist, bleibt dieser Sektor dennoch ein Hoffnungsgebiet der Wirtschaftspolitik. Daher will die EU-Kommission die Europäische Gemeinschaft zu einer "Informationsgesellschaft für alle" ausbauen. Das verheißt jedenfalls der Untertitel von "eEurope", einem im Jahr 2000 entworfenen Aktionsprogramm. "Europa soll die wettbewerbsstärkste und dynamischste Wirtschaft der Welt werden", heißt es einleitend in diesem Dokument. Der Bürger von morgen soll über eine bisher ungeahnte Fülle von Information verfügen können.

Hauptaugenmerk wird auf das Internet gelegt. Es soll billiger, schneller, sicherer werden. Möglichst viele, vor allem junge Menschen sollten es nutzen lernen. Forcieren will man den Internet-Einsatz in der Wirtschaft, der Verwaltung und im Gesundheitswesen.

Befürworter der IKTs wollen diese Technik jedoch nicht nur deswegen fördern, weil sie künftiges Wirtschaftswachstum verheißt. Sie führen auch deren größere Umweltfreundlichkeit ins Treffen. Miniaturisierung sei eines ihrer Atouts und ermögliche bedeutende Materialeinsparungen, führt etwa Franz Josef Radermacher, Autor von Balance oder Zerstörung (siehe Furche 41/2002), ins Treffen. Darüber hinaus eröffneten die IKTs auch beachtliche Möglichkeiten, Energie einzusparen. Virtuelle Kommunikation werde die Zahl der notwendigen Ortsveränderungen deutlich verringern, so die Überlegung, Teleworking, Telebanking, Teleshopping usw. könnten Verkehrswege überflüssig machen, elektronische Regelsysteme den Energieverbrauch von Häusern und Verkehrsmitteln verringern.

Soweit die Theorie...

Soweit die Theorie. In der Praxis, seien die Erfolge jedoch bisher eher ausgeblieben, fasst Petra Oswald vom Wiener Ökologie-Institut die Ergebnisse der Untersuchung "Nachhaltigkeit in der Informationsgesellschaft" zusammen: "Allein der Umstand, dass die Vision vom papierlosen Büro trotz des Siegeszugs der elektronischen Datenverarbeitung bisher in keiner Weise erfüllt worden ist, zeigt, dass der Schlüssel zur Nachhaltigkeit nicht so sehr in der Technologie liegt, sondern in der Art, wie wir mit ihr umgehen."

Keine Frage: Die Geräte werden immer kleiner und leistungsfähiger, aber gleichzeitig nähme die Vielfalt der Typen zu: Computer, Modems, Mikrofone, Kameras, Lautsprecher, CD-Roms, Akkus, Mobiltelefone, Minidisc-Player ... Und alle diese Geräte unterliegen einem raschen technischen Wandel, was zu einem beschleunigten Generationenwechsel führt.

Insbesondere im Bereich der Datenverarbeitung komme es zu einem atemlosen Wettlauf: Software- und technische Hardware-Entwicklung steigern sich gegenseitig in die Höhe. Aggressive Marketing-Strategien und Billig-Angebote tragen das ihre zur Begünstigung der Wegwerfmentalität bei. Dementsprechend würden Handys durchschnittlich nur zwei, Computer vier Jahre lang genutzt.

Dadurch wachsen die Berge von Elektronikschrott. Habe die Industrie in Österreich bisher mit rund 10.000 Tonnen pro Jahr gerechnet, so müsse man in Zukunft eher die doppelte Menge entsorgen, wird in der Studie des Öko-Instituts festgehalten. Und die Entsorgung dieses Schrotts sei alles andere als einfach, da bei der Konzeption der Produkte immer noch viel zu wenig auf eine spätere Wiederverwertung geachtet werde, kritisiert Oswald. In der EU würden derzeit noch 80 bis 90 Prozent des Elektronikschrotts verbrannt oder deponiert.

Lange Transportwege

Umweltbelastend auch die Herstellung der Geräte. Sie ist energie-intensiv und erfordert den Einsatz belastender Chemikalien: "Atemwegserkrankungen, durch Lösungsmitteldämpfe oder Siliziumstaub bei der Siliziumherstellung, ... erhöhtes Krebsrisiko, Reproduktions- und Organschädigungen durch Arsen ...", liest man in "Die Nachhaltigkeit der Informationsgesellschaft".

Bedingt durch den hohen Grad an Arbeitsteiligkeit komme es zu einer starken Belastung der Luft durch den Transport der Produkte und Komponenten, vermerkt die Studie. Zulieferungen aus der ganzen Welt steckten beispielsweise in den Computern: Tantal aus dem Kongo, Netzteile aus Italien, Speicherchips aus den USA ...

Beim derzeitigen Stand der Dinge falle die Umweltbilanz aus einem weiteren Grund negativ aus, fasst Oswald zusammen: "Die neue Technologie hat bisher kaum andere Produkte ersetzt. Weder Handy noch E-Mails haben persönliche Treffen - auch nicht im Berufsleben - überflüssig gemacht. Virtuelle Reisen in ferne Länder ersetzen nicht den Urlaub, sondern verleiten eher zu Reisen dorthin. Und selbst die Telearbeit kann dazu führen, dass bisher kurze tägliche Wege zum Arbeitsplatz durch - zwar seltenere - Anreisen über lange Distanzen ersetzt werden."

Außerdem sei es zu einer starken Beschleunigung der Vorgänge gekommen. Man könne geradezu von einem "digitalen Stress" sprechen, wie eine Umfrage in Großbritannien ergeben habe: ein Großteil der befragten Angestellten erlebten die pausenlos - durchschnittlich alle zehn Minuten - eintreffenden Faxe, E-Mails und Anrufe als belastend.

Damit ist auch die Frage der sozialen Nachhaltigkeit der Informationsgesellschaft angeschnitten. Oswald warnt vor einer wachsenden "digitalen Kluft" in der Bevölkerung: "Denn der Zugang zu Wissen und Information bestimmt zunehmend die Chancen eines Menschen." Ärmere und ältere Menschen, sowie Frauen und vor allem Menschen in der Dritten Welt gerieten ins Hintertreffen.

Konzertierte Aktion

Düstere Perspektiven also? Nicht unbedingt, wenn entsprechende Maßnahmen gesetzt würden, meint Oswald. Man müsse eben die Möglichkeiten der neuen Technologien gezielt zur Entlastung der Umwelt einsetzen, etwa zur Steuerung des Verkehrs, zur gezielten Senkung des Energieverbrauchs in Gebäuden. "Vor allem die Nutzungsdauer der Geräte steigern", betont Oswald. Man brauche nicht dauernd neue Computer und Handys, Tauschbörsen könnten zudem für eine Weiterverwendung sorgen.

Vor allem sei Langlebigkeit, Wiederverwertbarkeit von Bestandteilen und Komponenten sowie Recyclierbarkeit schon bei der Konzeption des Produktes zu berücksichtigen. Es gehe um ein "Design for Environment". Selbstverständlich müssten auch flächendeckende Sammel-, Verwertungs- und Entsorgungssysteme eingerichtet werden. "Eine nachhaltige Informationsgesellschaft fällt nicht vom Himmel, sie erfordert Planung und Gestaltung", resümiert Oswald ihre Erfahrungen. Ein vom ÖkoInstitut veranstaltetes Experten-Symposium, "Sisa 2000", das im November Vertreter von Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung zusammenführte, war ein erster Schritt in diese Richtung.

Näheres siehe: Nachhaltigkeit in der Informationsgesellschaft. Die öko-sozialen Auswirkungen von Computer, Handy & Co, Schriftenreihe des BMLFUW 21/2002

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