Fünf

"Niemals Gewalt!"

19451960198020002020

Missbrauchsfälle, übervolle Kinder- und Jugendpsychiatrien, Pädagog(inn)en, deren Ressourcen ausgeschöpft sind – bis heute werden Integrität und Bedürfnisse von Heranwachsenden zu wenig geschützt. Lindgrens Prinzipien könnten aktueller nicht sein. Ein Plädoyer.

19451960198020002020

Missbrauchsfälle, übervolle Kinder- und Jugendpsychiatrien, Pädagog(inn)en, deren Ressourcen ausgeschöpft sind – bis heute werden Integrität und Bedürfnisse von Heranwachsenden zu wenig geschützt. Lindgrens Prinzipien könnten aktueller nicht sein. Ein Plädoyer.

Werbung
Werbung
Werbung

Wenn Bertil das Wort „Killevipps“ sagt, dann verwandelt er sich in einen Winzling. So kann er seinen Freund Nils Karlson-Däumling besuchen, der in einem Mauseloch unter seinem Bett wohnt. Bertil ist sechs Jahre alt und harrte vor seiner Begegnung mit seinem Untermieter den ganzen Tag allein in der Wohnung aus. Früher spielte er tagsüber mit seiner Schwester, doch die starb an einer Kinderkrankheit. Bertils Eltern arbeiten den ganzen Tag in der Fabrik. Spielsachen gibt es kaum.

Die wenigen Kinderbücher, die Bertil besitzt, kennt er auswendig. Überhaupt liegt er viel im Bett. Weil er friert – in der Wohnung ist es kalt, nur morgens wird der Kachelofen angeheizt. Und weil er traurig ist – ob seiner Schwester, der Tristesse, der Einsamkeit. Damit ist es vorbei, als Nils Karlson-Däumling und das Zauberwort „Killevipps“ sein Leben umkrempeln.

Bertil kann endlich Kind sein. Er hat einen Spielkameraden, eine warme (Mäuse)-Stube und er fühlt sich geborgen. Tod. Armut. Einsamkeit. Angst. Trauer. Nicht nur in dem Märchen „Nils Karlson-Däumling“ spricht Astrid Lindgren Tatsachen und Realitäten an. Die Autorin schont weder ihre Figuren noch die Leser(innen) bzw. die Zuhörenden. Es ist keine heile Welt, die sie ihrem Publikum vorsetzt. Vielmehr versucht sie anhand ihrer Figuren aufzuzeigen, was es braucht, Hindernisse, Schicksalsschläge, widrige Umstände in den Griff zu bekommen – ohne dabei zu zerbrechen.

Bullerbü ist Urvertrauen in Reinkultur

„Wieder zurückfinden in einen guten Zustand“, nennt Katharina Tiwald in ihrem persönlichen Einblick diese Widerstandskraft. Darum geht es. Auf neudeutsch: Resilienz. Doch um die entwickeln zu können, brauchen Heranwachsende gute Voraussetzungen. Im aufgeführten Märchen werden diese durch das Zauberwort „Killevipps“ und Nils Karlson-Däumling symbolisiert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung