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Das Jahr 2006 brachte einen neuen Scheidungsrekord: es wurden 48,9 Prozent der Ehen geschieden (um 4,5 Prozent mehr als 2005). Führend ist Wien mit knapp 66 Prozent. Von diesen insgesamt 20.336 geschiedenen Ehen wurden 88 Prozent einvernehmlich geschieden, der Rest "streitig". Die gerichtlich besiegelten Trennungen betrafen 20.787 Kinder, davon 15.024 minderjährige.

Seit dem Kindschaftsänderungsgesetz vom Jahr 2001 gibt es die Möglichkeit der "Obsorge beider Elternteile". Das vorherige und weiterhin alternative Modell ist die alleinige Obsorge eines Elternteiles. Bei der "Obsorge beider Eltern" haben Mutter und Vater die gleichen Rechte und zum Teil Pflichten wie während der aufrechten Ehe. Grundsätzlich ist jeder Elternteil für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind nach außen hin, also im Verhältnis zu Dritten, zu vertreten. Das ist selbst dann rechtswirksam, wenn der andere Teil damit nicht einverstanden ist (z.B. bei einer Schulanmeldung). In speziellen Fällen (z.B. Namensrecht) müssen beide zustimmen. Voraussetzung für die "Obsorge beider Eltern" ist die Einigung der Eltern über den hauptsächlichen Wohnort des Kindes. Jener Elternteil, bei dem das Kind wohnt, kann Unterhaltsansprüche geltend machen. Können sich die Eltern über den ersten Wohnsitz nicht einigen, so muss das Gericht die Entscheidung treffen, welcher Elternteil das alleinige Sorgerecht zugesprochen bekommt.

Die "Obsorge beider Eltern" ist jedoch seit seiner Einführung umstritten. Kritiker werfen ein, dass zu oft voreilig oder unter Druck in eine gemeinsame Obsorge eingewilligt werde, diese in der Praxis aber nicht funktioniere und die Streitereien weiter am Rücken der Kinder ausgetragen würden; dass Väter (in der Regel sind es meist die Väter) zwar auf ihre Rechte pochten, aber die Hauptlast der Arbeit weiterhin bei den Müttern liegen würde.

Eine Evaluationsstudie (2006) im Auftrag des Justizministeriums fand aber überwiegend positive Auswirkungen: Die "Obsorge beider Eltern" wurde von 53,7 Prozent der geschiedenen Eltern im Untersuchungszeitraum September bis November 2004 angenommen. Kinder von Eltern, die sich die Obsorge teilen, sehen den jeweils anderen Elternteil deutlich öfter als bei alleinigem Sorgerecht eines Elternteiles. Ebenso kommt der Kontaktabbruch zu einem Elternteil signifikant seltener vor, wenn Mutter und Vater die Obsorge behalten. Väter würden sich bei gemeinsamer Obsorge qualitativ und quantitativ mehr um die Kinder kümmern. bog

Die Studie ist online abrufbar unter:

http:// www.bmj.gv.at/_cms_upload/_docs/zusammenfassung_kindraeg_2001.pdf

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