"Outfit-Debatten sind banal"

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Edit Schlaffer über weibliche Vorbilder und Frauensolidarität. die furche 1. 4. 2004

Die Furche: Herrscht heute noch ein Mangel an weiblichen Vorbildern?

Edit Schlaffer: Es ist schon fast Normalität, dass wir starke Frauen in allen Bereichen haben, wo Frauen früher völlig unsichtbar waren. Eine dieser Frauen ist Linda Cook, Vorstandsvorsitzende von Shell Canada, die in eine Hochburg von Ölbaronen eingezogen ist. Solche Frauen sind wichtiger denn je, weil sie das Fundament unserer Welt mitgestalten. Ich würde die Diskussion gern wegbekommen vom klassisch-kämpferischen Ton: Frauen sind mittlerweile auf der Leistungsebene angelangt, und das ist erfreulich.

Die Furche: Ist hier noch Raum für Frauensolidarität?

Schlaffer: Wenn die Beteiligung von Frauen auch in wirtschaftlichen Bereichen eine Selbstverständlichkeit sein soll, dann müssen wir die Frauen auf diesem Weg auch unterstützen. In diesen Positionen gibt es mittlerweile viele Frauen - je höher, desto weniger natürlich: Laut Fortune werden nur 1,2 Prozent der 500 größten Firmen von Frauen geleitet. Das kritische Moment ist, dass Frauen die männlichen Strukturen übernehmen. Grundsätzlich sind sie aber kommunikativer, kollegialer und kompromissbereiter.

Die Furche: Punkto Kollegialität haben manche Frauen aber auch andere Erfahrungen gemacht ...

Schlaffer: Natürlich sind manche Frauen nicht wirklich Verbündete, sondern eher Konspiratorinnen des Systems und denken, wenn sie sich mit den Männern arrangieren, dann haben sie bessere Karten. Wenn man diese Frauenkarrieren oberflächlich betrachtet, mag das auch stimmen. Aber wenn man schaut, was die Frauen dort ausrichten, dann ist das oft nicht großartig. Wenn wir uns an das Thema Frauen und Vorbild heranwagen - und Frauen sind ja nur Vorbilder, wenn sie auch stark sind, denn Stärke bedeutet auch Macht -, dann visualisiere ich ja eine Macht, die das Gemeinwohl im Auge hat. Und hier hätten Frauen einen guten Beitrag zu leisten.

Die Furche: Statt ihrer Leistungen wird - gerade bei Politikerinnen - oft ihr Äußeres diskutiert ...

Schlaffer: Sich mit Dresscodes aufzuhalten, ist unglaublich banal. Politik verkommt hier zu Showbusiness - das hat gar nichts mit Männern oder Frauen zu tun, das ist Teil der medialen Maschinerie. Umso wichtiger wäre es, dass auch Männer dagegen auftreten.

Die Furche: Sind Frauen für Sie die besseren Menschen?

Schlaffer: Vielleicht sind sie es. Ich kenne jedenfalls mehr bessere Frauen als Männer ... Aber im Ernst: Bei den Männern gibt es auch ein großes Bedürfnis nach Veränderung. Viele sind unzufrieden mit der Welt und ihren Rollen. Hier müssen wir uns Vorbilder suchen. Nicht Frauen, die sich ducken, sondern jene, die Herausforderungen annehmen. Das war für uns auch der Anlass, das Netzwerk "Frauen ohne Grenzen" zu gründen.

Die Furche: Haben Sie selbst ein weibliches Vorbild?

Schlaffer: Ich habe viele Vorbilder. Wenn eine afghanische Politikerin auf der Loya Jirga aufsteht und Hamid Karsai herausfordert, dann finde ich das beeindruckend. Solche Frauen gefallen mir: Frauen, die eine Vision haben und unerschrocken sind.

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