Pflichtarbeit für Arbeitslose?/Pro & Kontra: Pflichtarbeit für Arbeitslose?

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Dies führt zu der Frage, ob die geringe Differenz zwischen Notstandshilfe einschließlich der damit verbundenen Zulagen und Ermäßigungen einerseits und den Mindestlöhnen andererseits genügend Anreiz für den freiwilligen Wiedereintritt in die Arbeitswelt bietet. Dieses Problem wird auch im Ausland, etwa in Frankreich, lebhaft diskutiert.

Leider bleibt dabei oft die Sachlichkeit auf der Strecke. Die Kontrahenten - Befürworter und Gegner einer verschärften Zumutbarkeit - werfen sich Extrembeispiele an den Kopf. Natürlich begegnen wir alle immer wieder Menschen, die durch Verlust des Arbeitsplatzes in unverschuldete Not gelangt sind. Doch ebenso sind uns Menschen bekannt, die es vorziehen, die Notstandshilfe mit Schwarzarbeit zu verbinden, und damit besser aussteigen als jemand, der in einem weniger qualifizierten Beruf arbeitet. Wer nicht diese beiden Seiten sieht, hat ein ausgeprägtes selektives Wahrnehmungsvermögen.

Erweiterte Zumutbarkeit ist keinesfalls nur wirtschaftlich gerechtfertigt, sondern auch ein sozialpolitisches Anliegen. Denn wie kommen hart arbeitende Menschen mit geringem Einkommen dazu, Arbeitsunwillige - und das sind nach den Erfahrungen der Wirtschaft gar nicht so wenige - über Lohnsteuer und hohe Lohnnebenkosten zu finanzieren? Und liegt es nicht auch im Interesse der ehrlich Beschäftigung suchenden Langzeitarbeitslosen, daß sie nicht mit den Arbeitsunwilligen in einen Topf geworfen werden? Und sind letzten Endes nicht ebenso die Arbeitsunlustigen Verlierer, wenn sie - verführt auch durch das längst überholte, weil klassenkämpferische, böse Wort vom "Arbeitsleid" - auf Freude und Selbstbestätigung des Berufslebens verzichten? Wer sich diesen Fragen stellt, wird die Vorschläge der ÖVP nicht von vornherein als indiskutabel ablehnen.

Der Autor ist freier Publizist.

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