"Profit ist nichts Unanständiges"

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Staatssekretärin Christine Marek spricht in Alpbach über die Rolle der Politik als Rahmensetzer und Innovator. Von übertriebenen Regelungen hält sie wenig, denn diese können dazu führen, dass sie mehr schaden als nützen.

Die Furche: Frau Staatssekretärin, was der Beitrag von Unternehmen zu einer menschengerechten Wirtschaftsordnung sein kann, ist ein Thema bei den Alpbacher Wirtschaftsgesprächen. Aber was kann die Politik tun?

Christine Marek: Die Politik hat die Aufgabe, den Rahmen zu setzen, innerhalb dessen sich die Unternehmen und die Arbeitnehmer bewegen. Und das, empfinde ich, ist eine sehr spannende Gratwanderung. Denn einerseits gibt es die Verpflichtung für Jugendliche, Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen einen Schutzrahmen zu schaffen. Man darf aber andererseits von Seiten der Politik nicht so weit gehen, dass man Regeln schafft, die mehr schaden als nützen. Und die gar so weit führen, dass zum Beispiel Unternehmen weniger Lehrlinge ausbilden.

Die Furche: Das klingt nach einer passiven Aufgabe der Politik, aber soll Politik nicht auch positive Veränderungen fördern?

Marek: Die Frage ist, wo soll man gesetzliche Grenzen setzen - wo soll der Handlungsspielraum eingeschränkt werden - und wo soll die Politik einen gewissen Druck ausüben, um Veränderungen herbeizuführen. Ein Beispiel ist das Recht auf Elternteilzeit. Dieses Recht wurde lange heftig diskutiert. Nach einer Evaluierung haben wir im Wirtschaftsministerium festgestellt, dass dieses Recht auf eine sehr hohe Akzeptanz stößt. Hier trat durch das Gesetz sehr wohl eine Änderung ein. Aber auch bei einem so positiven Beispiel meine ich, dass es eine Gratwanderung bleibt. Heute gilt das Recht auf Elternteilzeit für Unternehmen ab 20 Mitarbeitern. Ich warne davor, dieses Recht auf alle Unternehmen auszuweiten, weil es gerade bei kleinen Unternehmen Schwierigkeiten hervorrufen kann, wenn drei von fünf Mitarbeitern nur noch teilzeit beschäftigt sind.

Die Furche: Sie haben in Alpbach auch über eine Studie gesprochen, die sich mit dem Thema familienfreundliche Betriebe auseinandersetzt. Was sind die Kernergebnisse dieser Studie?

Marek: Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich in meiner politischen Tätigkeit gelernt habe, dass Verhaltensänderungen in Unternehmen am besten durch das Aufzeigen von Vorteilen funktionieren. Daher haben wir mittels einer Studie abgefragt, ob es sich denn auszahlt, wenn Betriebe familienfreundliche Maßnahmen setzen. Das sind im Wesentlichen Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreuungsmodelle oder der Bereich Telearbeit; Bereiche, die den Mitarbeitern helfen, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Das wichtigste Highlight für mich sind die Ergebnisse bei den Krankenstandstagen. Und hier geht es wirklich um das Geld, denn jeder Krankenstandstag kostet die Unternehmen etwas. Bei den befragten Unternehmen - also jenen, die familienfreundliche Maßnahmen setzen - gibt es durchschnittlich 4,9 Krankenstandstage pro Mitarbeiter und Jahr. Der Österreichschnitt liegt bei zwölf Krankenstandstagen. Das ist also eine ziemlich starke Motivation für Betriebe, in Bezug auf Familienfreundlichkeit etwas zu unternehmen.

Die Furche: Familienfreundliche Betriebe sind sicherlich bei den Mitarbeitern sehr beliebt …

Marek: In der Tat, laut dem Marktforschungsinstitut Gallup ist eine Mitarbeiter-Fluktuation in Österreich bis zu 15 Prozent pro Jahr durchaus normal. Bei den befragten Unternehmen liegt die Fluktuationsrate aber lediglich bei 6,7 Prozent. Zusätzlich kommen mehr als 90 Prozent der Frauen nach ihrer Karenz zurück in den Betrieb. Der Österreichschnitt liegt hier bei nur 70 Prozent. Auch das sind wichtige Kostenfaktoren, denn die Neubesetzung eines Arbeitsplatzes kostet ein Unternehmen 35.000 Euro. Darin sind die Kosten für die Suche nach dem neuen Mitarbeiter enthalten, aber genauso die Anlernphase. Also alles, was nötig ist, bis der neue Mitarbeiter auf dem Wissensstand des ausgeschiedenen Mitarbeiters ist.

Die Furche: Ein gutes Beispiel für Best Practice. Diese guten Beispiele vor den Vorhang zu holen, wird es aber auch bei der Akzeptanz von Frauen in Aufsichtsräten brauchen …

Marek: Hier plädiere ich für eine entsprechende Verankerung im Corporate Governance Kodex. Denn ich wünsche mir eine Selbstverpflichtung und keine reine Empfehlung. Eine gesetzliche Quote halte ich aber für keine gute Lösung für Österreich.

Die Furche: Abschließend noch ein Satz zum Slogan "Mensch vor Profit", den die globalisierungskritische NGO Attac auf den gegenüberliegenden Hang affichiert hat?

Marek: Ich sage, Profit zu machen ist nichts Unanständiges. Im Gegenteil, wir wollen Unternehmen, die Gewinne machen. Aber es ist natürlich wichtig, dass die Arbeitnehmer an diesen Gewinnen entsprechend partizipieren. Das ist ja ein wichtiger Motivationsfaktor. Es stimmt, dass sich die Unternehmensgewinne und die Entlohnung der Mitarbeiter auseinanderentwickelt haben. Hier kann aber z. B. die Mitarbeiterbeteiligung Abhilfe schaffen.

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