"Rausgerissen hat mich nur die Respektlosigkeit"

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Der grüne landesrat Rolf Holub war einer der Ersten, die den Hyposkandal aufdeckten. Mit der FURCHE sprach er übRolf Holub: er die lage und die Zukunftsperspektiven kärntens.

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Der grüne landesrat Rolf Holub war einer der Ersten, die den Hyposkandal aufdeckten. Mit der FURCHE sprach er übRolf Holub: er die lage und die Zukunftsperspektiven kärntens.

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Der Grünen-Politiker und Kabarettist Rolf Holub ist seit 2013 Umwelt-Landesrat in Kärnten. Er leitete den Hypo-Untersuchungsausschuss im Kärntner Landtag und erstellte einen 700-Seiten-Bericht. Als die Kärntner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen einstellte, schaltete er die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft ein. Vergangene Woche wurde Holub im Hypo-U-Ausschuss im Parlament befragt.

Die Furche: Wie schätzen Sie die bisherige Arbeit des Hypo-U-Ausschusses ein? Werden noch größere Bomben platzen?

Rolf Holub: Die Bundesverantwortung muss auch untersucht werden. Bei einem Multi-Organversagen hat auch der Kopf seine Verantwortung zu tragen. Am meisten würde mich interessieren, wo die Kohle geblieben ist, als die Anleihen 2006/2007 begeben worden sind. Das ist nämlich der große Sprung, wo vermutlich 16 Milliarden Anleihen begeben wurden. Auf dieses Rätsel bin ich nie gekommen wegen des Bankgeheimnisses. Durch das Regieren habe ich jetzt leider nicht mehr die Zeit, investigativ zu arbeiten. Alles, was ich weiß, habe ich der Staatsanwaltschaft geschickt, aber die große Frage, wo die Milliarden sind, steht noch aus. Wenn wir in diese Richtung stoßen, werden wir auch wissen, warum die ÖVP so laut schreit, wenn es um den Beschluss der Landeshaftungen 2004 geht.

Die Furche: Die ÖVP wirft Ihnen vor, Sie hätten 2004 beim Beschluss der Kärntner Landeshaftungen Unterlagen gehabt, die Sie hätten davon abhalten sollen, für die Haftungen zu stimmen.

Holub: Ich finde es sehr witzig, dass die mir vorhalten, dass ich die Unterlagen gehabt hätte, die sie sehr wohl selbst gehabt haben - und trotzdem für die Landeshaftungen gestimmt haben. Ich denke, es wird seit ein paar Jahren die Strategie gefahren, dass man die Verantwortung nivelliert und sagt: "Alle sind schuld, sogar die grünen Aufdecker, also sind wir nur mehr zu einem geringen Anteil mit schuld." Die ÖVP tut so, als ob es zwei verschiedene Schwarze geben würde: Die von früher und die jetzt.

Die Furche: Welche Rolle spielte der damalige ÖVP-Bundeskanzler Schüssel?

Holub: Schüssel hat Haider einfach nach Kärnten in sein Kinderzimmer geschickt und ihn dort werkeln lassen. Meiner Meinung nach hat er ihm schon ein bisschen Rückendeckung gegeben.

Die Furche: Sie meinen, da könnte noch viel Faules ans Licht kommen von der damaligen schwarz-blauen Bundesregierung?

Holub: Da ist noch viel drin. Alleine die Buwog-Causa! Die war ja 2004 auf der gleichen Tagesordnung, als Kärnten verzichtet hat auf das Vorkaufsrecht der Eisenbahner-Siedlungsgenossenschaft. Da merkt man erst, wo die Entscheidungen getroffen werden, wer welche Strategie hat und dass die Demokratie, sprich die Landtage und Nationalräte, eigentlich eine Alibi-Demokratie sind. Das sind Abstimmungsmaschinen der Mächtigen. Wenn die sich nicht emanzipieren, wird es weltweit so weit gehen, dass das Großkapital Volkswirtschaften bestiehlt.

Die Furche: Sie sagten im U-Ausschuss, Haider habe bei der Hypo Narrenfreiheit gehabt, konnte ohne eine Unterschrift zwei Millionen Euro abheben, etc.

Holub: Die Hypo war Haiders Heiligtum. Es gab eine Szene im Landtag 2007, da ist er ausgezuckt, hat eine Stunde lang geschrien und alle beschimpft, die es wagten, bei der Hypo nachzufragen. Dann musste die Sitzung unterbrochen werden. Da hat man schon gemerkt: Da ist was nicht in Ordnung. Die

Furche: Seit wann und weshalb waren Sie hinter Haider her?

Holub: Schon seit 2003/2004, weil mir der Druck nicht gefallen hat, den er gemacht hat, die Intransparenz, aber auch, wie er mit den Kulturschaffenden und den Menschenrechten umgegangen ist. Die Beamten haben sich gefürchtet, die Justiz hat sich gefürchtet, beim zu schnell Fahren ist er immer pardoniert worden. Als ich nach seinem Tod seinen Dienstwagen übernommen habe, haben die Polizisten noch in Demut die Mütze gezogen, wenn sie die Nummer gesehen haben.

Die Furche: Sie haben Dörflers Diensthandy, das Kennzeichen Ihres Dienstautos stammt von Jörg Haider, das Auto von Gerhard Dörfler, der Chauffeur von Harald Dobernig. Wie lebt es sich mit diesem Erbe?

Holub: Die Grünen recyceln alles. Ein Chauffeur ist ja kein politischer Posten, der braucht auch einen Job.

Die Furche: Können Sie vom Gegenwind in Kärnten erzählen, den Sie gespürt haben, als Sie angefangen haben, sich gegen Haider zu stemmen? Sie sind ja 2004 in den Landtag gekommen, Haider hat bis 2008 gelebt.

Holub: Ganz schlimm war es in Bezug auf die Asylproblematik. Da habe ich Morddrohungen erhalten, Anrufe in der Nacht. Bei Volksfesten haben mich Menschen fast gewürgt für das, was ich sagte. Das Einzige, was mich herausgerissen hat, war die Respektlosigkeit im Umgang mit den Mächtigen, die ich in der Kabarettszene gelernt habe.

Die Furche: Bei den Landtagswahlen 2009 war der Haider-Effekt noch aufrecht, 2013 ist die FPK um 28 Prozent abgestürzt. Wie hat sich das Klima in Kärnten verändert?

Holub: Es wird jetzt respektvoll mit den politischen Mitbewerbern umgegangen, die Opposition wird eingebunden, der Proporz wird abgeschafft, die Opposition erhält mehr Rechte, damit solche Blödheiten aus einem Ungleichgewicht der Macht heraus nicht mehr passieren, dass man die Hälfte der politischen Akteure von Informationen fernhält und eine Bank privat verkauft.

Die Furche: Aber die Kassen sind nun leer.

Holub: Wir haben mehr Demokratie, mehr Luft, mehr Transparenz, aber weniger Geld. Und trotzdem glaube ich, dass es beispielhafte Modelle gibt, wo man mit Bürgerbeteiligung und anderen Finanzierungsmodellen wie etwa beim Energie-Masterplan, der de facto nichts gekostet hat, viel bewegen kann. Geld alleine ist es nicht, sondern das gemeinsame Erarbeiten von Zukunftschancen. Derzeit arbeiten wir an einem Mobilitäts-Masterplan und lernen viel von den nordischen Ländern. In punkto erneuerbarer Energie sind wir jetzt bereits Europameister.

Die Furche: Welche Einsparungen werden die Bevölkerung am härtesten treffen?

Holub: Das hängt auch davon ab, wie es mit der Hypo-Abbaubank Heta weitergeht. Wenn wir das Budget bis 2020/21 so durchbringen, wie wir es jetzt andenken, wird es halb so schlimm. Wir werden genau definieren, was wirklich Landesaufgabe ist, und werden dadurch auch zukunftsfit werden.

Die Furche: Welche grünen Anliegen wollen Sie in dieser Periode noch durchbringen?

Holub: Unser Problem ist, dass wir mit der Kopf-Quote mit immer geringeren Mitteln die gleiche Infrastruktur aufrecht erhalten müssen. Deswegen würde ich mir einen Finanzausgleich wünschen, der aufgabenorientiert ist. Es werden weniger Schüler und immer mehr Alte. Wir haben ja durch die Ausländerfeindlichkeit auch die Zuwanderung bei uns am geringsten gehalten. Der mangelnde Nachwuchs hängt auch mit dem Problem der Frauenfeindlichkeit zusammen, die lange geherrscht hat. Wichtig wären die Möglichkeit auf einen spannenden Arbeitsplatz und auf Kinderbetreuung. Wir müssen schauen, dass wir Forschung und Entwicklung in die Höhe kriegen, am Bildungssektor etwas tun. Wir müssen zentrale Orte definieren, wo wir die Infrastruktur aufrecht erhalten, aber auch ein Leben in entfernten Gebieten ermöglichen.

Die Furche: Das Image von Kärnten hat stark gelitten. Was kann man dagegen tun?

Holub: Das ist immer so antizyklisch. Wenn die Korruption auffliegt, ist sie ja schon passiert, aber das Image ist erst nachher schlecht, dafür aber das Problem vorbei. Wenn die Dinge transparenter werden, kann man auf etwas Gesundem aufbauen.

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