Rezepte gegen den Pillenberg

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Die ursprünglich geplante Senkung der Rezeptgebühr für Generika konnte nicht durchgesetzt werden. Nun werden andere Wege geprüft, um die stetig steigenden Medikamentenkosten zu senken.

Das ganze schien schon beschlossene Sache zu sein: Generika, also patentfreie - und damit billigere - Nachahmungs-Medikamente, sollten sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch für Patientinnen und Patienten attraktiver werden. Was wäre also näher gelegen als eine niedrigere Rezeptgebühr? Es kam freilich anders: Sowohl für Generika als auch für Erstpräparate wurde die Gebühr von 4,35 Euro auf 4,45 Euro angehoben. Eine Einigung auf eine gestaffelte Gebühr sei "leider nicht möglich gewesen", meinte Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat nach den Finanzausgleichsverhandlungen. Ihre Ansätze, um den Anteil der Generika von derzeit elf auf 20 Prozent zu erhöhen, würden aber fortgesetzt.

Generika-Boom

Schon jetzt ist der Trend zu günstigen Nachahmungsprodukten eindeutig: Sie machen bereits zwei Drittel der erstattungsfähigen Arzneimittel aus. Insgesamt sind von derzeit 3.013 Medikamenten, die von den Kassen bezahlt werden, 2.000 Generika und 1.013 "innovative" Arzneimittel, teilte die Pharmig, der Branchenverband der Pharma-Industrie, in einer Aussendung mit.

Hinsichtlich der geplatzten Rezeptgebühr-Senkung zeigt sich die Pharmig, die auch Generika-Produzenten vertritt, betont neutral: "Es ist nicht so, dass wir darüber in Jubel ausbrechen oder traurig sind. Tatsache ist, dass unterschiedlich hohe Rezeptgebühren nicht exekutierbar gewesen wären", stellt Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber fest. Erstens könne man bei einigen Medikamenten gar nicht unterscheiden, was das Original oder das Generikum sei. Zweitens gäbe es mittlerweile Originalpräparate, die billiger seien als Generika. Und drittens hätten bei einer gestaffelten Rezeptgebühr die Anbieter von Originalpräparaten bald ihre Preise denen der Generika-Anbieter angepasst - oder sie sogar unterboten. "Wäre dann die niedrigere Rezeptgebühr auch für den Originalhersteller gültig gewesen? Wenn nicht, hätte das Klagen beim Verfassungsgerichtshof bedeutet", so Huber.

Mehr Freude dürfte in der Pharmig über eine andere Neuerung im Gesundheitsreformpaket herrschen: So wurde die Medikamentenzulassung beschleunigt und transparenter gemacht: Früher dauerte das Zulassungsverfahren bis zu fünf Jahre, künftig ist es auf maximal sieben Monate begrenzt.

Ein Problem ist damit freilich nicht beseitigt: die stetig steigenden Kosten im Arzneimittelbereich: Zwischen 1997 und 2002 stiegen sie um exorbitante 50 Prozent. Die Pharmig ist sich dessen wohl bewusst. Schuld daran sei freilich nicht die niedrige Zahl an Generika - oder zu hohe Medikamentenpreise -, sondern der technische Fortschritt, der den Einsatz immer besserer (und teurerer) Arzneien gebiete, so Huber.

Pillen aus dem Supermarkt?

Geht es nach den Plänen der Drogeriemarktkette "dm", dann soll der ohnehin florierende Medikamenten-Markt noch weiter wachsen. So hat man kürzlich verkündet, in Zukunft auch rezeptfreie Medikamente vertreiben zu wollen. Nach derzeitiger Rechtslage ein klarer Gesetzesbruch.

Während nun die Pharmig auch diesem Vorhaben betont neutral gegenübersteht ("Sollte dm die Großhandelslizenz bekommen oder sollten die Gesetze geändert werden, würden wir natürlich auch an dm liefern") geht durch die Apothekerkammer, die derzeit noch ein Monopol besitzt, ein Aufschrei. Sie ortet einen "gefährlichen Poker um die Gesundheit": "Wir wissen, dass das Anbieten von Arzneimitteln im Supermarkt immer zu einem drastischen Anstieg des Arzneimittelkonsums geführt hat", erklärt der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Herbert Cabana.

Die Folgen seien dreifach negativ: "Erstens ändert das nichts an der Volksgesundheit im positiven Sinn; zweitens geben die Patienten mehr Geld für Arzneimittel aus; und drittens steigen die gesundheitlichen Risiken ohne professionelle Beratung." Letztlich würden höhere Erkrankungsraten auftreten, die wieder von der sozialen Krankenversicherung bezahlt werden müssten, so Cabana. "In Summe verteuert eine unkontrollierte Abgabe das Gesundheitssystem."

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