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Roboter sollen eines Tages zur Betreuung pflegebedürftiger Personen eingesetzt werden. Vorerst nur zur Entlastung, keinesfalls aber als Ersatz des Pflegepersonals.

In maßvollem Tempo rollt der knapp 1,50 Meter große Care-O-bot in den Aufenthaltsraum. Auf einem Tablett trägt er einen Becher mit Wasser. Zwar hat seine Gestalt nichts Menschliches an sich. Dennoch wirkt sie aufgrund ihrer schlanken Proportionen, ihrer eleganten Rundungen und der dezenten Farbgebung in Schwarz und Weiß keineswegs als Fremdkörper. Der Roboter fährt auf einen älteren Herrn zu, der am Tisch sitzt und liest. "Möchten Sie etwas zu trinken?“ fragt er den Mann mit mechanischer Stimme. Dieser blickt kurz auf und greift dann nach dem Becher. Roboter in der Altenpflege - was für manche ein Horrorszenario darstellt, gilt anderen als die einzig sinnvolle Option angesichts des demografischen Wandels.

Kosten und Sicherheit bremsen Einsatz

Die Menschen in den Industrieländern werden immer älter, entsprechend steigt der Bedarf an Pflege. Schon jetzt reicht das Personal für eine angemessene Versorgung pflegebedürftiger Menschen kaum aus.

Forschungseinrichtungen und Unternehmen arbeiten vielerorts an neuen Technologien, um den bevorstehenden Pflegenotstand auszugleichen. Pflegeroboter gelten als vielversprechend, weil sie frei programmierbar und flexibel einsetzbar sind. Ihre Schwächen, hohe Kosten und die Sicherheitsbedenken, gelten als Hürden für eine rasche Marktdurchsetzung. Auch ethische Bedenken, Menschen der Obsorge von Maschinen zu überlassen, werden geäußert.

Der Care-O-bot ist eine Entwicklung des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart. Es ist ein autonom agierender Serviceroboter, der selbstständig unterschiedliche Gegenstände erkennen und Hindernissen ausweichen kann. Seine Umgebung nimmt der Roboter unter anderem mittels Laserscanner, Stereovision-Farbkameras und 3D-Tiefenbildkamera wahr. Objekte greift er mit seinem komplex geformten Leichtbauarm, an dem eine dreifingrige Greifhand montiert ist. Das einklappbare Tablett dient zum Transport von Gegenständen und hat außerdem einen Touchscreen integriert: Darauf lassen sich Unterhaltungsspiele wie Schach oder Memory spielen.

Die Entwickler haben bereits drei jeweils einwöchige Praxistests in einem Altenheim durchgeführt. Dabei wurde das Szenario Wasserholen erprobt und optimiert: Der Roboter zapft selbstständig Wasser vom Wasserspender und bringt es zu den Patienten. Er registriert zudem, ob diese das Angebot annehmen oder nicht und dokumentiert in einer Dankenbank, wer wie viel getrunken hat. "Die Erfahrungen waren durchaus positiv“, sagt IPA-Forscher Ulrich Reiser. "Wir hatten im Vorfeld Sorge, dass das Pflegepersonal sich dagegen sträuben würde. Aber das war nicht der Fall.“ Eine Einschränkung des praktischen Einsatzes ergibt sich aus den gesetzlichen Sicherheitsanforderungen. So muss der Wasserspender in einem separaten Raum aufgestellt werden, weil das Hantieren eines Roboterarms nur in geschützter Umgebung zugelassen ist. Daran hat der Gesetzgeber noch nicht gedacht, und er kann sich dabei Zeit lassen: Die Kosten von rund 250.000 Euro gelten als zu hoch für einen wirtschaftlichen Betrieb.

Während die Interaktion zwischen Care-O-bot und Patienten vollständig berührungsfrei vonstatten geht, sind Entwickler in Japan bereits ein paar Schritte weiter. So wurde der Roboter Riba (Robot for Interactive Body Assistance) vom Riken-Institut explizit dafür konstruiert, Menschen aus dem Bett oder Rollstuhl zu heben und über kurze Strecken zu tragen. Derzeit ist seine Kapazität allerdings noch auf 61 Kilogramm beschränkt. Ribas Kopf ist einem Teddybären nachempfunden, was das Vertrauensverhältnis seitens der Patienten erhöhen soll. Desselben Tricks bedient sich auch die Roboter-Robbe Paro.

Die Roboter-Robbe ist etwas mehr als einen halben Meter lang, wiegt 2,5 Kilogramm und hat ein weiches, weißes Fell, das geradezu zum Kuscheln einlädt. Mittels Sensoren erkennt der Roboter, ob er gestreichelt wird. Dann reagiert er mit wohligem Jaulen, Schwanzwedeln und herzerweichendem Blick. Paro wird bei der Betreuung von alten oder dementen Menschen eingesetzt, um sie emotional zu stimulieren.

Entlastung in der schlichten Routine

Ebenfalls keine Berührungsängste kennt Cody, ein Roboter des Georgia Institute of Technology. Seine Aufgabe ist es, im Bett liegende Patienten zu waschen. In einer begleitenden Studie fanden Codys Entwickler heraus, dass Patienten der Berührung durch die Maschine durchaus positiv gegenüberstehen. Vorausgesetzt allerdings, ihnen ist der Zweck der Berührung klar. Wer die Berührung als unnötig interpretierte, empfand sie zugleich auch als unangenehm.

Ursula Frohner, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes (ÖGKV) sieht den Einsatz von Pflegerobotern mit differenzierter Skepsis. "Es kann sinnvoll sein, diese Technologie in die Pflege zu integrieren“, meint Frohner. "Aber sie kann nie ein Ersatz für menschliche Fachpflege sein.“ Insbesondere müsse man von Fall zu Fall individuell entscheiden, welche Art von Roboter für welches Krankheitsbild angemessen ist, mahnt Frohner. "Um gut ausgebildete Fachexperten kommt man in der Pflege nicht herum.“

Viele Hersteller sind sich dieser Problematik bewusst und konzipieren ihre Produkte daher als Entlastung, nicht aber als Alternative oder gar Ersatz für das Pflegepersonal. Ihre Roboter übernehmen lästige Routineaufgaben wie Wasserholen oder Müllentsorgung. So kann sich das Pflegepersonal verstärkt auf die Betreuung der Patienten konzentrieren.

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