Werbung
Werbung
Werbung

Das geplante Gesundheitsqualitätsgesetz soll in den Praxen und im Spital für mehr Professionalität sorgen - und den Patienten mehr Durchblick und Sicherheit bescheren. Neben einer Strukturreform birgt das Gesundheitsreformgesetz, das am 9. Dezember den Nationalrat passieren soll, auch einen neuen Zugang zu Qualität und Vorsorge: ein Überblick. Dieses Dossier entstand mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen.

Wenn man Gerald Bachinger nach seinen Wünschen fragt, kommen ihm stets die gleichen zwei Worte über die Lippen: Qualität und Transparenz, Transparenz und Qualität. Seit Jahren fordert der niederösterreichische Patientenanwalt und Sprecher der ARGE Patientenanwälte mehr Professionalität, Fehlerkontrolle und Klarsicht im Gesundheitswesen - im Interesse der Patienten.

Dieser Tage hat Bachinger allen Grund zur Zufriedenheit: So sieht das geplante Gesundheitsreformgesetz nicht nur vor, dass die Patientenvertreter in den neuen Landesgesundheitsplattformen mit Sitz und Stimme vertreten sind. Das Reformpaket beinhaltet auch ein Qualitätsgesetz, das für alle Leistungen im Gesundheitsbereich gültig ist. Sowohl Spitäler als auch niedergelassene Ärzte, Wahlärzte, Privatkrankenanstalten oder Hebammen werden darin erfasst. "Jetzt gibt es endlich ein Gesetz, das für alle gleiche Spielregeln vorgibt", freut sich Bachinger.

Erstmals bekommt eine zentrale Stelle, nämlich das Gesundheitsministerium, die Kompetenz, in diesem Bereich sektor- und berufsübergreifend tätig zu werden. Bei der Festlegung der Qualitätsziele und deren Kontrolle wird sie von einem zu gründenden "Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen" unterstützt. Bereits seit 1997 gab es eine gesetzliche Bestimmung, wonach etwa in Krankenhäusern Qualitätssicherungskommissionen einzurichten seien. "Doch das war ein zahnloser Papiertiger", weiß der Patientenanwalt. Nun habe das Ministerium auch die Möglichkeit, Anreiz- und Sanktionsmechanismen einzurichten. Wenn sich etwa Spitäler weigern würden, ein adäquates Qualitätsmanagement einzurichten, könnte es Punkteabzüge bei der Leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) geben.

Völlig neues Patientenrecht

Auch wenn das Gesetz selbst noch durch eine Reihe von Verordnungen ergänzt werden muss: Für Gerald Bachinger ist es doch "ein Meilenstein". Nicht zuletzt hätten die Patientinnen und Patienten erstmals das Recht, auf Anfrage über die Qualitätsdaten medizinischer Leistungen - über Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität - informiert zu werden. "Das ist ein völlig neues Patientenrecht", so Bachinger.

Mehr Pflichten kommen indes auf die Anbieter von Gesundheitsleistungen zu - unter ihnen auch die Ärztinnen und Ärzte. Sie haben freilich in einem Kompromiss mit dem Gesundheitsministerium erreicht, autonom die Qualitätsstandards in ihrem Bereich definieren zu können. Eine entsprechende Verordnung soll am 3. Dezember von der Ärztekammer beschlossen und dann dem Ministerium vorgelegt werden. Gibt dieses grünes Licht, wird die Verordnung fünf Jahre gültig sein.

Die darin enthaltenen Qualitätskriterien wurden von der "Österreichischen Gesellschaft für Qualitätssicherung & Qualitätsmanagement in der Medizin GmbH" ausgearbeitet, die bereits im Oktober präsentiert wurde. Sie ist zwar als hundertprozentige Tochter der Ärztekammer konzipiert, für inhaltliche Autonomie und Kontrolle soll aber ein wissenschaftlicher Beirat sorgen, der zur Hälfte von Ministerium und Ärztekammer beschickt wurde. Auch Patientenanwalt Bachinger ist in diesem Gremium vertreten.

Die Einhaltung der Qualitätsstandards im niedergelassenen Bereich wird anhand von Fragebögen überprüft, die ab Herbst 2005 an alle Ärzte, Zahnärzte und Gruppenpraxen versandt werden. In einem zweiten Schritt wird der Wahrheitsgehalt dieser Selbstevaluierung stichprobenartig geprüft. Zu diesem Zweck werden so genannte "Verifikatoren" (darunter vor allem Ärzte) die Ordinationen besuchen und kontrollieren.

"Gütesiegel" für Ärzte

Im Fall nicht wahrheitsgetreuer Angaben kann es zur Anzeige, zum Verlust des Kassenvertrages bis hin zur Vertrauensüberprüfung kommen. Werden hingegen die Nachweise über Qualitätssicherung erbracht, erhalten die Ärzte eine Art "Gütesiegel". Bis 2008 sollen alle 18.000 heimischen Ordinationen auf diese Art hinsichtlich Hygiene, Fortbildungen der Ärzte, Patientendokumentation oder technischen Standard evaluiert werden.

Mindestens ebenso wichtig wie Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich ist freilich die Kontrolle in den Spitälern. Nicht zuletzt haben sich von den insgesamt 5.451 Beschwerden, die im Jahr 2002 bei Österreichischen Patientenanwälten eingegangen sind, "nur" 649 auf Arztpraxen bezogen. 3.590 Beschwerden betrafen hingegen die Krankenanstalten. Erst kürzlich machte Gerald Bachinger gemeinsam mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und dem Risikomanager im Wiener AKH, Norbert Pateisky, darauf aufmerksam, dass es allein in Österreichs Krankenanstalten jährlich zwischen 2.900 und 6.800 Todesfälle gäbe, die allesamt vermeidbar wären.

Um die Fehlerquellenforschung voranzutreiben, soll nun auch österreichweit ein anonymes Fehlermeldesystem aufgebaut werden, weiß der Patientenanwalt. Betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsbereich sollen auf vorgefertigten, nicht rückverfolgbaren Formularen eintragen können, was genau schief gelaufen ist. Adressat ist aller Voraussicht nach das geplante "Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen".

Insgesamt gehe es bei dieser Maßnahme nicht um Strafe, sondern um Prävention, erklärt der Jurist Bachinger: "Man wird ja nie alt genug sein, um alle Fehler selbst machen zu können."

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung