Selbstbehalt und Vorbehalt ...

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Es ist noch keine 14 Tage her, daß die Grippewelle in Österreich Schlagzeilen wert war. Rund eine Dreiviertelmillion Menschen werden es bundesweit gewesen sein, die durch echte Influenza oder sogenannte banale grippale Infekte niedergestreckt wurden.

Daß insgesamt jüngere Menschen besonders häufig betroffen waren, verwundert zunächst nicht: sie sind diejenigen, die mit ihrer Gesundheit sorglos umgehen, und sicher eher auf den Impfschutz verzichtet haben. Es ist auch nicht unverständlich, daß unter den rund 56 Prozent Grippekranken, die es so heftig "erwischt" hat, daß sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußten, Angehörige der älteren Generation und darunter wieder die Frauen überrepräsentiert waren. Zum einen sind ältere Menschen weniger widerstandsfähig, zum anderen sind sie - ebenso wie Frauen insgesamt - eher bereit, unter Umständen auch einmal vorsorglich einen Arzt aufzusuchen. Bisher zumindest.

Sollte die von der neuen Bundesregierung andiskutierte (beziehungsweise alternativ zu Beitragserhöhungen geplante) Selbstbehaltsregelung in Kraft treten, könnte sich das ändern: wenn Pensionisten mit kleinem Einkommen und Frauen (womöglich nur mitversichert und ohne eigenen Verdienst), die ohnedies jeden Schilling zweimal umdrehen müssen, zur Kasse gebeten werden, verzichten sie eben auf den Arztbesuch oder schieben ihn hinaus, bis es wirklich nicht mehr anders geht.

Damit allerdings werden unsere "kranken Kassen" sicher nicht saniert: wer nicht zum Arzt geht, belastet zwar das Gesundheitswesen finanziell nicht, bringt aber auch nichts. Belastungen entstehen höchstens für den Betroffenen, der sich mit Hausmitteln und rezeptfreien Medikamenten behelfen muß - auf eigene Kosten und eigenes Risiko. Und wer nicht rechtzeitig oder zu spät zum Arzt geht, kostet dann unter Umständen proportional viel mehr, als durch einen Selbstbehalt je hereinzubringen ist. Abgesehen davon, daß derlei auch administriert werden muß.

Kein Wunder, daß nicht nur (potentielle)Patienten, Ärzte und Sozialversicherungsträger da ihre Vorbehalte haben.

Die Autorin ist Professorin für Soziologie an der Universität Linz.

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